Der bildhafte Titel dieses Buches entstammt einem Brief der Lyrikerin Else Lasker-Schüler aus den 1930er Jahren und beschreibt ihre hohe Stimmung beim Flanieren durch die ruhige Stadt Bern. Ihre Worte, dass solche Spaziergänge das Leben ertragen lassen, reflektieren die Leichtigkeit, die jedoch auch die Lasten und Bedrängnisse der damaligen Zeit offenbaren, insbesondere die Anfechtungen, denen Juden und Jüdinnen in Europa ausgesetzt waren. Der Titel verdeutlicht, dass hier Texte versammelt sind, die ein breites Spektrum an jüdischen Erfahrungen und Erinnerungsfiguren aus verschiedenen Epochen dokumentieren: von mittelalterlichen Privilegien über stigmatisierende Ausschlüsse bis hin zu gewaltsamen Vertreibungen, der bürgerlichen Emanzipation im 19. Jahrhundert, der Ohnmacht während der Schoah und der späteren Anerkennung der jüdischen Religionsgemeinschaft. Die Verbindungen jüdischer Intellektueller mit Bern bieten Einblicke in bedeutende Momente des europäischen Geisteslebens. Die jüdische künstlerische und politische Moderne war von Aufbruchstimmung und Exilerfahrung geprägt. Für viele wurde Bern zum Ort der Erfüllung ihres Studientraums. Das Bild von der Wolkenstadt spiegelt den Wechsel des Klimas wider: zwischen Judenhut und Alpenparadies, Schwermut und Traumhaftigkeit, Eigensinn und Höhenflug, Bangen und Bürgerlichkeit, liberalem Empfinden und sozialer Beteiligung.
Jewish-Hellenistic authors rejected Greek myth, but they were also aware of its importance as a symbol of power and identity. This book offers a comprehensive reading of how Jews dealt with Greek mythology in the Hellenistic period. Jüdisch-hellenistische Autoren verwarfen die griechische Mythologie, aber sie waren sich auch der Wichtigkeit der Mythen als eines Symbols von Befugnis und Identität bewusst. Dieses Buch ist die erste weitgespannte Untersuchung über den Umgang jüdisch-hellenistischer Autoren mit der griechischen Mythologie.
Imaginationen des Judentums von der Antike bis in die Neuzeit
272 Seiten
10 Lesestunden
Seit es das Judentum gibt, existieren Bilder von ihm, eigene und fremde. Manche Vorstellungen vom Judentum erweisen sich als schlicht falsch, andere wiederum gewähren differenzierte Einblicke sowohl in die Verfasstheit der Mehrheitsgesellschaften als auch des jüdischen Selbstverständnisses. Der vorliegende Band betrachtet jüdische Fremd- und Selbstbilder von der Antike bis in die Neuzeit aus zehn unterschiedlichen Blickwinkeln. Dabei wird untersucht, wie das monotheistische Judentum mit erhöhter Gewaltbereitschaft in Verbindung gebracht wird, welchen Einfluss die Konversion des Paulus zum Christentum auf sein eigenes Judenbild hatte und inwieweit den rabbinischen Autoritäten Frauen überhaupt als Juden galten. Die mittelalterlichen Themen befassen sich mit christlichen Vorstellungen von jüdischen Gelehrten, mit jüdischen Figuren im christlichen Schauspiel, mit dem Einfluss des Bildverbots auf mittelalterliche jüdische Buchillustrationen sowie mit antijüdischen Projektionen, wie sie bei jüdischen Konvertiten zu Beginn der Reformationszeit virulent waren. Ein Beitrag befasst sich mit Fragen jüdischer Identität und Heimat in den Zeiten der frühneuzeitlichen Vertreibungen in Mitteleuropa, die beiden letzten Beiträge des Bandes nehmen auch die Moderne in den Blick: So ist das Hexagramm keineswegs ein urjüdisches Symbol, sondern in Tat und Wahrheit erst vor wenigen Jahrzehnten zum «Davidstern» geworden. Und die politische Problematik des Staates Israel erklärt sich zu weiten Teilen aus der zeitlichen Verschobenheit seiner staatlichen Entwicklungen im Vergleich zu den alten Nationen Europas. Dem Band gelingt es auf vielfältige Art und Weise aufzuzeigen, wie alt und dabei ungebrochen aktuell die Frage nach den Fremd- und Selbstbildern des Judentums ist. Aus dem Inhalt: René Bloch, Simone Haeberli und Rainer C. Schwinges: Einführung René Bloch: Polytheismus und Monotheismus in der Antike. Zu Jan Assmanns Monotheismus-Kritik Matthias Konradt: «Mein Wandel einst im Iudaismos» (Gal 1,13). Paulus als Jude und das Bild des Judentums beim Apostel Paulus Tal Ilan: Gelten Frauen in der rabbinischen Wahrnehmung als jüdische Personen? Simone Haeberli: Zwischen wîsheit und zouberei. Jüdische Gelehrte in der mittelhochdeutschen Literatur Gunnar Mikosch: Bildverbot? Selbstimaginationen in der jüdischen Bildwelt des Mittelalters Edith Wenzel: «Wucherer und Gottesmörder». Inszenierte Judenfeindschaft im Passionsspiel des Spätmittelalters Hans-Martin Kirn: Spätmittelalterliche Imaginationen von Juden und Judentum im Zeichen der Konversion. Der Fall Johannes Pfefferkorn (um 1469–1522) Desanka Schwara: Treibende Heimat. Konversion und Haskala in der Neuzeit Georg Eisner: Vom Hexagramm zum Davidstern. Der Weg zum Symbol der Juden Alfred Bodenheimer: Zionismus und Zionismuskritik. Eine zeitgeschichtliche innerjüdische Debatte um Selbst- und Fremdwahrnehmung
Der Judenexkurs des Tacitus im Rahmen der griechisch-römischen Ethnographie
260 Seiten
10 Lesestunden
Die ethnographische Einlage über die Juden in den Historien des Publius Cornelius Tacitus ist die detaillierteste Beschreibung des Judentums und Judäas in der griechisch-römischen Literatur. In dieser Monographie wird dieser zentrale Text zum ersten Mal in einen grösseren Zusammenhang gestellt. Die Geschichte der antiken Beschreibungen der Juden von den griechischen Anfängen bis in die Zeit Tacitus´ wird anhand einer eingehenden literarischen und historischen Besprechung aller erhaltenen Judenexkurse nachgezeichnet. Zentral ist hierbei die Frage nach dem jeweiligen ethnographischen Ansatz bzw. nach dem Sitz dieser Texte in der 'Geschichte' der griechisch-römischen Ethnographie. Tacitus´ Ethnographie über die Juden, verfasst 40 Jahre nach der Zerstörung Jerusalems durch die Flavier, wird in ihren historischen Kontext gestellt und mit anderen Ethnographica im Werk dieses Autors verglichen, insbesonders der Monographie über die Germanen und der Einlage über die Britannier. Tacitus´ Darstellung des Judentums hat eine erstaunliche Rezeptionsgeschichte ausgelöst. Ein dichtes Schlusskapitel zeichnet diese Rezeption von der Antike bis zum Zweiten Weltkrieg nach.