Private Entscheidungsträger und Europäisierung der Verwaltungsrechtsdogmatik
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Jan O. Merten belegt am Beispiel des Medizinprodukterechts einen Paradigmenwechsel im nationalen Produktsicherheitsrecht: Unter dem Einfluss europäischen Rechts entscheiden private „Benannte Stellen“ über den Zugang von Konsumgütern zum Europäischen Binnenmarkt. Vor dem Hintergrund dieser Schlüsselfunktion stellt sich die Frage, ob ihre Tätigkeit als staatliches oder privates Handeln zu qualifizieren ist. Innerhalb der europäischen Vorgaben sowie des nationalen Medizinprodukterechts nehmen die benannten Stellen private Aufgaben wahr, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse erfolgt. Ihre Tätigkeit lässt sich somit der Kategorie der staatlich veranlassten gesellschaftlichen Selbstregulierung zuordnen. Unmittelbare verfassungsrechtliche Bindungen beanspruchen für benannte Stellen keine Geltung; vielmehr nehmen sie verfassungsrechtliche Freiheiten in Anspruch. Eine gemeinwohlgerechte Aufgabenwahrnehmung wird sichergestellt, indem benannten Stellen materiell-rechtliche Anforderungen und Handlungsmaßstäbe vorgegeben werden und ihre Einhaltung anhand einer staatlichen Kontrolle der privaten Kontrolleure gewährleistet wird. Den normativen Rahmen für die private Aufgabenwahrnehmung benannter Stellen bildet ein zivilrechtlicher Werkvertrag mit den Herstellern von Medizinprodukten. Diesem entspringen sämtliche Befugnisse benannter Stellen. Um gesellschaftliche Machtasymmetrien abzumildern und eine gemeinwohlgerechte Aufgabenwahrnehmung benannter Stellen zu gewährleisten, wird ihnen ein bemerkenswertes einfachgesetzliches Sonderrecht auferlegt. Entspricht das Verhalten benannter Stellen nicht den durch das nationale Medizinprodukterecht vorgegebenen Maßstäben, stehen den Herstellern auf der Basis des materiellen Zivilrechts Schadensersatz- und Beseitigungsansprüche zu.