Ersparniseffekte beim Wiederlesen von Texten
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Warum werden wiederholte Texte schneller gelesen als neue? Während in bisherigen Ansätzen entweder lediglich die Rolle der abstrakten Wortkonzepte oder nur die der spezifischen Kontexte (z. B. Oberflächen-Merkmale) für Textwiederholungseffekte betont wird, versucht Hong-Im Shin die strikte Dichotomie zwischen beiden Positionen zu überwinden. Dabei nimmt die Verfasserin an, dass beim Lesen einzelne abstrakte Wortkonzepte durch die Bildung eines Situationsmodells, d. h. einer vorwissensbasierten subjektiven Auffassung über Situationen im Text, an den jeweiligen spezifischen Textkontext gebunden werden. Für die Vermittlung von Wiederleseeffekten sollte deshalb die Nutzung eines vergleichbaren Situationsmodells zum erneuten Lesen wichtiger sein, als die reine Wiederholung von Wörtern oder bestimmten Oberflächen-Merkmalen. Die Vorhersage wurde mehrfach empirisch bestätigt. So zeigte eine bilinguale Studie, dass wiederholte Texte mit veränderten Sprachen (z. B. deutsch - koreanisch) schneller verarbeitet wurden als neue, wenn das Situationsmodell ähnlich blieb, obwohl beide Sprachen deutlich voneinander zu unterscheiden sind.