Hier spricht Guantánamo
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Ein Buch, wie es die US-Regierung immer verhindern wollte. Hier spricht Guantánamo. Roger Willemsen interviewt Ex-Häftlinge. Über vier Jahre schon widersteht die US-Regierung der massiven Kritik am völkerrechtlich exterritorialen Gefangenenlager Guantánamo, das sich humanitärer Kontrolle entzieht. Die Bush-Regierung nennt die Gefangenen „feindliche Kämpfer“, die eine eminente Gefahr für die Sicherheit der Vereinigten Staaten darstellten. Nach bisherigen Ermittlungen sind unter den gut siebenhundert Häftlingen zahlreiche Angehörige von Hilfsorganisationen, Arbeiter und Bauern, Menschen, die sich in Afghanistan eine Existenz aufbauen wollten und keinerlei Verbindung zu terroristischen Organisationen hatten. Unter den gut zweihundert inzwischen Freigelassenen konnte bisher keinem eine Verbindung zu den Drahtziehern des 11.9. nachgewiesen werden. Statt dessen mehren sich - von Außenministerin Condoleezza Rice heftig dementierte - Berichte über physische und psychische Folter, über „gekaufte Häftlinge“, Selbstmordversuche, Hungerstreiks, psychisch „erloschene“ Gefangene, ein „System“ von Lagern etc. Und die Entlassenen müssen sich schriftlich zum Schweigen verpflichten. In der Öffentlichkeit bleibt es einerseits beim juristisch und humanitär begründeten Protest, andererseits bei der publizistischen Wiederholung jener Bulletins, durch die die US-Regierung Guantánamo legitimiert. Roger Willemsen hat sich auf die Suche nach ehemaligen Häftlingen gemacht und fünf von ihnen ausführlich befragt: Zwei Russen, einen Palästinenser, einen Jordanier und einen Afghanen. Ihre Lebensgeschichten reichen vom Arbeiter, den die Taliban gefangen nahmen und an die amerikanischen Behörden verkauften, bis zum Sprecher der Gefangenen, dem ehemaligen Botschafter Afghanistans in Pakistan. Sie sprechen über ihren Lebensweg bis zur Gefangennahme, über Folter, Vergewaltigungen, Koranschändungen, Verhörtechniken, Strafsysteme, Isolationshaft, über schlechte Dolmetscher, undurchsichtige Medikamentenverabreichung, kollabierende Wachen, Traumatisierungen und psychische Defekte. Sie berichten, wie die Bilder des 11. 9. im Lager eingesetzt werden, unter welchen Bedingungen sich die Freilassungen vollzogen und in welchen Formen ihnen die Eingliederung in ein „normales“ Leben unmöglich gemacht wird. Sie berichten über andere Lager mit teilweise härteren Bedingungen, über die Zerstörung ihrer Familien, über sinnlose Besuche von Journalisten, denen ausgewählte Musterräume gezeigt wurden und die mit keinem Häftling sprechen durften, und sie sprechen über die Aussichtslosigkeit, gehört, geschweige denn rehabilitiert zu werden.