Eine Frau jenseits des Schweigens
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„… da fiel mir plötzlich ein, daß wir im Hinterhause ein Frauenzimmer besäßen, das von der Musik doch eine gewisse andere Idee im Kopf hätte, als viele Damen zusammengenommen“, heißt es in einem Brief Felix Mendelssohn Bartholdys an seine Schwester Fanny Hensel, als er die Pianistin Delphine Schauroth kennenlernte. Der Brief beschreibt die Situation der vier Jahre älteren Schwester zutreffend: Fanny ist das „Frauenzimmer im Hinterhause“, sie tritt nicht öffentlich in Erscheinung. Dieses Schweigen der Familie Mendelssohn über die Leistung der Komponistin setzte sich bis in unsere Zeit fort. Man sah sie lange Zeit hindurch im Schatten des Bruders (der ihr das Publizieren verbot); sie war lediglich die „Schwester eines berühmten Mannes“; immerhin gestanden ihr noch die Zeitgenossen zu, daß sie „gleichbegabt“ wie Felix sei und eine bessere Pianistin. Heute wissen wir mehr: Dank des Engagements feministischer Forscherinnen kennen wir über vierhundert kompositorische Werke von ihr – Lieder, Kompositionen für Klavier und Orchester, ein Oratorium nach Bildern der Bibel. Vieles ist noch immer ungedruckt und harrt der öffentlichen Aufführung. Dank überlieferter Familienbriefe und Fanny Mendelssohn-Hensels Tagebuchnotizen können wir ihren Lebensweg nachzeichnen und eine Ahnung davon übermittelt bekommen, wie schwer es Anfang des 19. Jahrhunderts einer hochbegabten Frau gemacht wurde, Künstlerin zu sein und ihre Fähigkeit gegen eine patriarchalische Ideologie durchzusetzen.