Die verschwiegene Epidemie
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AuszugVorwort von Dr. med. Gisela Breitgraf: Was ist eine Epidemie? Laut Wikipedia, der Internet-Enzyklopädie, „die zeitliche und örtliche Häufung einer Krankheit innerhalb einer menschlichen Population, wobei es sich dabei im engeren Sinne um Infektionskrankheiten handelt“. Das Thema dieses Buchs ist die Lyme-Borreliose und schon der Titel sagt, dass es rund um diese Erkrankung ein Problem oder besser einen ganzen Problemkreis gibt. Dieses Buch ist kein medizinisches Buch, hier geht es nicht um Diagnostik und Therapie im eigentlichen Sinne, es reiht sich somit nicht in die Vielzahl der Borreliose-Leitfäden und Ratgeberbücher ein. Dieses Buch gibt stattdessen einen detaillierten Überblick über die Hintergründe für das ganze Desaster rund um dieses Krankheitsbild und die beteiligten Akteure. Ein Novum und damit ein einzigartiges Buch, das bislang gefehlt hat. Als ich anfangs in meiner Hausarztpraxis in Köln 1999 die ersten Borreliosepatienten behandelte, war ich, wie viele meiner Kollegen der Ansicht, dass diese Infektion eine doch eher seltene Erkrankung sei, ohne große Herausforderungen an Diagnostik und Therapie. Wie hatte ich mich geirrt. Nur zwei Jahre später waren so viele betroffene Patienten in meiner Sprechstunde – Kinder, Senioren, Menschen jeden Alters – dass ich notgedrungen die Behandlung zu einem meiner Praxisschwerpunkte machte. Über 10 Jahre ist, angesichts dieser Flut von Kranken, nur noch dieser Praxisschwerpunkt übrig geblieben. Warum wird die Infektion durch Borrelien und die Erkrankung in unserer Gesellschaft gesundheitspolitisch geächtet? Was passiert hier in unserer Zivilisation angesichts einer immer weiter um sich greifenden und potenziell bedrohlichen Erkrankung? Welche Hintergründe hat es, dass betroffene Patienten Schwierigkeiten mit der Borreliose-Diagnose und -therapie haben? Welche Erklärungsmöglichkeiten gibt es dafür, dass behandelnde Ärzte und Institutionen die Lyme-Borreliose scheinbar nicht ernst nehmen? Borreliose ist eine Epidemie und es stellt sich die Frage, warum das eigentlich in der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt ist. Was wird dagegen unternommen? Und was ist zu tun, wenn man an Lyme-Borreliose erkrankt, wie so viele? Trotz intensiver eigener Erfahrungen mit dem Thema, habe ich das Buch mit Spannung gelesen und über die vielen Facetten der Thematik gestaunt. Als Insider kennt man die wichtige einschlägige Literatur und die Meinung der Kollegen. Natürlich kann man aber auch, angesichts der heutigen Informationsflut, nicht jede Studie zum Thema kennen, nicht jede Neuerscheinung sofort lesen, nicht immer alles so hinterfragen oder kritisch werten, wie es der Brisanz des Themas gerecht würde. Wie in einem Kaleidoskop werden in diesem Buch wichtige Informationen und Hintergründe immer wieder neu geschüttelt und sortiert und siehe da: viele Bilder sind nicht stimmig, passen nicht zusammen. Zu viele rein wirtschaftliche Interessen, Einflüsse der Pharmaindustrie, Machtkämpfe unter Kollegen, das Rennen um Veröffentlichungen und wissenschaftliche Anerkennung, dies alles führt zu einer äußerst fragwürdigen Struktur im Gesundheitssystem und zu einem Ergebnis, das nicht im Sinne der Patienten sein kann. Dieses Buch über Lyme-Borreliose sollte eine Pflichtlektüre für Patienten und Mediziner sein.