" ... und da gäbe er sich einen jüdischen Namen – oh, la, la!"
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Diese Studie begibt sich in ein verhältnismäßig gut erforschtes Sachgebiet, aber dennoch setzt sie sich das Ziel, die bisher doch größtenteils nur unsystematischen Ergebnisse zusammenzufassen, im Gruppenzusammenhang zu erörtern und auf den jeweiligen Einzelfall hin zu deuten. Dabei konzentriert sich diese Arbeit auf das Verständnis eines zeitgenössischen Lesers des deutschen Bürgertums, um so aufzuzeigen, wie die heute oftmals in der wissenschaftlichen Literatur ungeprüften Attribuierungen dem Leser der Werke Thomas Manns deutlich bewusst waren. Selbstverständlich muss dabei auf eine biographische Deutung der Werke oder eine von Thomas Mann nachträglich angeregte Deutung oder Bewertung wie beispielsweise in der Novelle , Wälsungenblut' verzichtet werden. Auch distanziert sich das Werk von allen Zuschreibungen und Urteilen über den Autor. Die Frage nach Thomas Manns Verhältnis zum Deutschtum oder zum Antisemitismus soll und darf an dieser Stelle nicht thematisch werden, da jüdische Figuren ein literarisch unterschiedlich stark verwendetes Handwerkszeug vieler Autoren seiner Zeit waren und offensichtlich vom Lesepublikum gefordert wurden. Gerade die Namen in Thomas Manns Erzählungen, deren Hintergrund die deutsch-bürgerliche Gesellschaft ist, sind ein mit hoher Kunstfertigkeit sorgfältig ausgewählter Bestandteil zur Erschaffung einer Figurenbiographie, wobei der Name - und gerade der „jüdische Name“ - nicht immer eindeutig ist, denn der „jüdische Name“ ist ein im Denken des deutschen Bürgertums und deutscher Behörden teils stereotyp, teils rechtlich diffus begründeter Begriff. Um hier das Bewusstsein des bürgerlichen Lesers zu rekonstruieren, werden in einem vorangestellten Kapitel Romane und Theaterstücke der Emanzipationszeit untersucht, bei denen die als jüdisch tingierten Namen thematisch wurden. Letztlich soll aber auch die Frage beantwortet werden, ob durch das Erkennen eines „jüdischen Namens“ ein poetischer Mehrwert festzumachen ist. Die besondere Kunstfertigkeit des Erzählers zeigt sich nämlich darin, dass Spuren oftmals nur diffus gelegt werden und so auch eine Deutung gelegentlich schwebend bleiben und so zur Diskussion gestellt werden muss.