Gerda
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AuszugProlog Handle – doch nie der Natur zuwider Tu – doch nicht der Taten wegen Schmeck – doch nicht um Geschmack zu finden Großes wird aus geringem, Wenig wächst und wird viel Tao Te King, 63 (Lao Tse) Diese Lebensgeschichte ist die Erfüllung eines Versprechens an meine verstorbene Frau Gerda. Sie starb in den frühen Stunden des 24. Dezember 2010 in meinen Armen nach langer Krebserkrankung. Wenige Tage vor ihrem Tod sprachen wir über die Unvergänglichkeit der Erinnerung. In diesem Dialog entstand mein Versprechen, ihr Leben – jedenfalls den Teil, den wir gemeinsam verbrachten – aufzuschreiben. Nicht nur ich, sondern viele Menschen, die ihr in ihrem Leben begegnet sind, empfanden ihre Präsenz als wohltuend und kraftgebend. Während des Schreibens dieses Buches wurden mir immer mehr Details unseres Lebens bewusst. Darunter auch auch die Tatsache, dass es Abschnitte in Gerdas Leben gab, von denen ich wenig oder gar nichts wusste. Die leeren Seiten umfassen den ersten Teil ihrer Kindheit in Mährisch-Schönberg und die Flucht nach Deutschland. Aus dieser Zeit hat sie mir nur einmal zwei Geschichten erzählt. Die eine handelte von den Grausamkeiten der ersten Nachkriegstage, als die Russen in ihren Ort kamen und viele Deutsche in ihren Häusern an die Wände genagelt wurden. Sie muss das wohl einmal als Kleinkind sehr bewusst erlebt haben. Die andere Geschichte beschrieb einen Teil der Flucht, die Güterwagons der Bahn, in denen sie transportiert wurden und den täglichen Kampf ums Essen. Weiterhin weiß ich wenig über ihre Jahre als Teenager und als junge Frau in Kassel und Böblingen. Sie hatte wohl gute Freunde in Kassel, mit denen sie sehr früh schon nach Böblingen zog, um dort zu arbeiten. Von ihrer ersten Ehe weiß ich nur, dass sie sehr unglücklich war, aber gerade diese Jahre sie sehr geprägt haben, was großen Einfluss auch auf unser Leben hatte. Dies nun ist ihre Geschichte – die Geschichte eines in meinen Augen ungewöhnlich ehrlichen, mutigen und tapferen Menschen.