Angebotsstrategien unter Berücksichtigung von Kalkulationsrisiken und Auftragswahrscheinlichkeit
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Die Bauwirtschaft ist gekennzeichnet von der Problematik in der Phase der Angebotsbearbeitung die Kosten für eine Leistung im Vorhinein, bevor die konkreten Umstände der Leistungserbringung bekannt sind, zu veranschlagen. Dabei ergeben sich Abweichungen gegenüber den tatsächlich anfallenden erst im Nachhinein ermittelbaren Kosten. Diese Abweichungen können sich einerseits aus technischen Problemen der Ausführung, spekulativen Überlegungen im Rahmen der Preisbildung, Irrtum bei der Angebotslegung, sowie anderen störenden Einflüssen ergeben und anderseits aus der Kalkulation selbst. Dem Begriff Kalkulationsrisiko liegt keine allgemeine Definition zu Grunde. Besonders die Grenze zum Ausführungsrisiko lässt sich nicht klar bestimmen, da Kostenabweichungen gegenüber der Kalkulation einerseits aus Kalkulationsrisiken und andererseits aus technischen Ausführungsrisiken resultieren können. Darüber hinaus fällt in der Praxis eine strikte Trennung zwischen Kostenermittlung und Preisbildung schwer, da selbst die rein unternehmensinterne Arbeitskalkulation in der Praxis der Bauunternehmung keine reine Kostenkalkulation ist, sondern auch preisbildende Elemente enthält. Kalkulationsrisiken lassen sich einerseits auf falsche Mengenansätze und Kostenansätze zurückführen und andererseits auf methodische Ursachen. Die sich hieraus ergebenden Abweichungen sind je nach Kalkulationsgenauigkeit verschieden groß und streuen prinzipiell symmetrisch um Null. Da im Regelfall das Niedrigstgebot den Zuschlag erhält, findet bedingt durch das Vergabeverfahren eine asymmetrische Selektion zu Gunsten der verlustbringenden Aufträge statt. Somit ergibt sich für ein Unternehmen, welches zu Selbstkosten anbietet, tendenziell ein negatives Ergebnis. Durch Addition eines Wagniszuschlages in geeigneter Höhe können Kalkulationsrisiken kompensiert werden. Dabei ist die oppositionelle Beziehung zwischen Auftragswahrscheinlichkeit und Höhe des Zuschlags zu beachten. Je höher der Zuschlag angesetzt wird, desto lukrativer sind die Einzelprojekte, aber desto geringer ist die durchschnittliche Auftragswahrscheinlichkeit. Bei der Ermittlung der Höhe des optimalen Zuschlags ist einerseits die Marktlage zu berücksichtigen. Durch die Auswertung vergangener Ausschreibungen lässt sich eine Auftragswahrscheinlichkeits-funktion ableiten, die für den auf die wahren Kosten bezogenen Angebotspreis die Auftragswahrscheinlichkeit liefert. Die Wahrscheinlichkeit den Auftrag zu erhalten fällt mit steigendem Preis. Für verlustbringende Projekte ist die Auftragswahrscheinlichkeit somit größer als für gewinnerzielende. Kalkulationsabweichungen zu berücksichtigen, da die kalkulierten Kosten von den im Nachhinein ermittelbaren tatsächlichen Kosten abweichen. Das Ausmaß dieser Abweichungen hängt von der Genauigkeit der Kalkulation ab. Je genauer kalkuliert wird, desto geringer fällt der zur Abdeckung des Kalkulationsrisikos erforderliche Wagniszuschlag aus, durch welchen Verluste aufgrund von Kalkulationsrisiken vermieden werden. Unter Berücksichtigung dieser beiden Einflussfaktoren lässt sich die Wirkung verschieden hoch angesetzter Zuschläge untersuchen. Dabei wurde festgestellt, dass aufgrund der bei steigendem Zuschlag gegenläufigen Entwicklung der Rentabilität des Einzelprojekts und der durchschnittlichen Auftragswahrscheinlichkeit ein optimales Gleichgewicht existiert. Durch die Anwendung des sich hieraus ergebenden optimalen Zuschlags erzielt ein Unternehmen das maximale Jahresergebnis, das umso höher ist, je genauer kalkuliert wird.