Patentrechtliche Abhängigkeit und funktionsgebundener Stoffschutz bei biotechnologischen Erfindungen
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Chemische Stoffe können patentierbar sein. Nach deutscher Rechtsprechung gilt ein solcher Patentschutz »absolut«. Dies bedeutet, dass alle Anwendungsmöglichkeiten des Stoffs geschützt sind, das heißt auch solche, die der Anmelder weder offenbart noch erkannt hat. Wird eine neue Anwendungsmöglichkeit des patentierten Stoffs beschrieben, kann ein weiteres Patent erteilt werden. Der Patent-inhaber eines solchen Zweitpatents bedarf zur rechtmäßigen Nutzung seines Patents jedoch regelmäßig der Zustimmung des Inhabers des Erstpatents. Diese sogenannte »patentrechtliche Abhängigkeit« bereitet insbesondere bei Patenten Schwierigkeiten, die sich auf DNA-Abschnitte beziehen. DNA-Abschnitte haben in der Regel eine Doppelfunktion als chemischer Stoff und Informationsträger. Wie die neuere Forschung zeigt, können DNA-Abschnitte darüber hinaus multifunktional sein, das heißt derselbe DNA-Abschnitt kann für verschiedene Produkte kodieren. Durch eine direkte Übertragung des Prinzips des absoluten Stoffschutzes auf DNA-Abschnitte bestünde die Gefahr einer Innovationshemmung und einer Überbelohnung des Ersterfinders. Dieser könnte jeden von der Benutzung seiner Erfindung ausschließen, auch jene, die neue Anwendungsmöglichkeiten des patentierten DNA-Abschnitts beschreiben. Die Biotechnologierichtlinie der EU (98/44/EG) und das entsprechende deutsche Umsetzungsgesetz bemühen sich, den Besonderheiten von DNA-Abschnitten im Hinblick auf den Patentschutz Rechnung zu tragen. Ob und inwieweit dies gelingt, untersucht diese Arbeit.