Seelisches Leiden im kulturellen Wandel
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In dem vorliegenden Buch stellt der Autor die These auf, dass das wissenschaftliche Paradigma des Kausaldeterminismus nicht mehr in der Lage ist, die heutigen Herausforderungen einer immer komplexer werdenden, globalisierten Welt erfolgreich zu bewältigen. Er beschreibt, wie der Wandel des wissenschaftlichen Paradigmas mit der Auflösung sinngebender Wirklichkeitskonstruktionen einhergeht. Der sich hieraus ergebende Verlust allgemeinverbindlicher Glaubenssysteme führt zu einer Individualisierung und Verunsicherung der Mitglieder der Gesellschaft, die sich in einem Anstieg seelischer Abweichung von den Normalitätserwartungen zeigt. Der psychiatrische Umgang mit seelischer Abweichung, die der Autor bewusst nicht als psychische Erkrankung etikettiert, wird im Sinne der dynamischen Systemtheorie als Versuch der Systemerhaltung angesehen. Dies sei in einer Zeit des Paradigmenwandels jedoch nur eine vorübergehende Erscheinung. Die Entwicklung eines neuen Paradigmas, das in der Lage ist, der Komplexität unserer Zeit erfolgreich zu begegnen, sei nicht aufzuhalten. Es ist die zentrale These des Autors, dass seelische Abweichung von gesellschaftlichen Normalitätserwartungen als kreatives Potential erkannt werden muss. Im Sinne einer dialogischen Kommunikation sollte dieses Potential zur Entwicklung einer neuen „ethisch korrekten“ Wirklichkeitskonstruktion genutzt werden. Eine solche Wirklichkeitskonstruktion wäre in der Lage, die Komplexität und Vielfalt des Lebens in ihr Weltbild zu integrieren, statt Menschen auszugrenzen, die in ihrem Verhalten und Erleben engen normativen Vorgaben nicht entsprechen.