Ärztliche Schweigepflicht im Kontext der modernen Medizin
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Bereits seit dem Jahr 400 v. Chr. kommt der ärztlichen Schweigepflicht in der Medizin eine besondere Bedeutung zu. Ihr Kerngehalt wurde bereits damals durch den Eid des Hippokrates deutlich dargestellt: „Was immer ich sehe und höre bei der Behandlung oder außerhalb der Behandlung im Leben der Menschen, so werde ich von dem, was niemals nach draußen ausgeplaudert werden soll, schweigen, indem ich alles Derartige als solches betrachte, das nicht ausgesprochen werden darf.“ Die Gründe hierfür liegen nicht nur in der Gefahr einer fehlerhaften Behandlung, wenn der Patient aufgrund eines zu befürchtenden Vertrauensbruches davon Abstand nehmen würde, dem Arzt sämtliche für die Behandlung bedeutsamen Informationen zu offenbaren, sondern auch in dem Schutz des Patientengeheimnisses, das sich auf die Wahrung der Privatsphäre des Patienten bzw. der Privatsphäre des dem Patient betreffenden Dritten bezieht. Daher zählt die ärztliche Schweigepflicht nach BVerfG 23, 373 (390) zu den Grundbedingungen einer leistungsfähigen Patientenversorgung im Ganzen. Die Grundstrukturen und organisatorischen Rahmenbedingungen der Medizin im 21. Jahrhundert sind allerdings bereits nicht mehr nur vom tradierten Idealbild eines Arzt-Patienten-Verhältnisses geprägt, sondern kennen aufgrund einer weitreichenden Spezialisierung vielfältige Formen der komplexen Organisations- und Kommunikationsstrukturen, zuletzt vor allem gefördert durch strukturelle Änderungen innerhalb des GKV-Systems. Dieses Buch hat es sich zum Ziel gesetzt, das Zusammentreffen von der traditionellen Pflichtenstellung und der modernen Ausdifferenzierung eines komplexen Systems der Gesundheitsversorgung tieferschürfend zu beleuchten und nach praktisch relevanten Lösungsmöglichkeiten ohne wertbezogene Verluste Ausschau zu halten.