Raum - Gefühl - Heimat
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Die Zeiten, in denen literarische Heimatmotive unter pauschalem Kitsch-Verdacht standen, „Heimatkunst“ mit völkisch-nationalen Traditionen eng assoziiert und der Begriff „Heimat“ in intellektuellen Diskursen generell verpönt war, sind seit etlichen Jahren vorbei. Dem wiederbelebten Interesse an dem Thema in der Literatur und anderen Künsten sowie in den Massenmedien hat auch die literatur- und kulturwissenschaftliche Forschung Rechnung getragen, ohne früheren Traditionen der Heimatverklärung verbunden zu bleiben. Die neuen Beiträge dazu in diesem Band dokumentieren die Ergebnisse einer internationalen Tagung, die im Zusammenhang mit einem Forschungsprojekt an der Universität des Baskenlandes in Vitoria-Gasteiz stattfand. Die Universität ist mit dem Projekt und mehreren Tagungen dazu ein europäisches Zentrum der expandierenden Heimatforschung geworden. Der Titel „Raum – Gefühl – Heimat“ signalisiert, dass der Bandes zwei neuere kulturwissenschaftliche Forschungsfelder aufgreift, die unter den Bezeichnungen „spatial turn“ und „emotional turn“ innovative Untersuchungsperspektiven angeregt haben. Der Frage, in welcher Weise Darstellungen von und Reflexionen über „Heimat“ in der deutschsprachigen Literatur seit 1945 mit räumlichen Vorstellungen und mit Emotionen unterschiedlicher Art verbunden sind, gehen die Beiträge unter Schlüsselbegriffen wie „Fremde“, „Interkulturalität“, „Gedächtnis/Erinnerung“ und „Diskursivität“ nach. Zu den Autorinnen und Autoren, die dabei besondere Beachtung finden, gehören unter anderen Anna Seghers, Uwe Johnson, W. G. Sebald, Christoph Hein, Herta Müller, Terézia Mora, Yoko Tawada und Saša Stanišić. Nicht zuletzt die Vertriebenen- und Flüchtlingsproblematik nach dem Zweiten Weltkrieg wie in der Gegenwart findet dabei besondere Beachtung. Ein abschließendes Kapitel kann im Blick auf die politischen, intellektuellen und kulturellen Kontroversen zum Begriff „aberria“ in der baskischen Kultur vor Augen führen, dass dieser dort ähnlich problematisch, vielschichtig und emotionsbeladen ist wie „Heimat“ in der deutschen.