Fränkische Geschichten erzählt von Rudi Friedrich 2023
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Georg liebte seinen Schnupftabak. Wenn er seine Schnupperdose nicht gleich fand, wurde er nervös. Wer hat denn wieder meinen Schnupftabak weggenommen? Wir Buben wollten in einem unbeobachteten Moment eine priese Schnupftabak ausprobieren. Weil das beißende Tabakaroma uns so sehr von der Nase bis in unser Gehirn stieg, konnten wir beide unser „hatschi“ nicht unterdrücken und niesten drauflos. Großvater lachte. Gell des steigt gang gewaltig in Nebenhöhlen eurer Nasen. Heute hatten wir uns selber verraten. Einige Tage später wollten wir das Experiment nochmals ausprobieren. Wir schnappten uns die auf dem Fenstersims liegende Dose und versteckten uns in der Scheune. Ich drückte meine Augen zu und nahm eine ordentliche Priese von dem verlockenden Genussmittel. Das Niesen zu unterdrücken war unmöglich. Dann kam mein Bruder dran. Weil wir allerdings das Scheunentor quietschen hörten, verhielten wir uns mucksmäuschenstill und Opa bewegte sich wieder nach draußen. Wo ist meine Schnupftabaksdose, hörten wir ihn vor sich hin aussprechen. Wir schlichen uns in seine Stube und legten die anscheinend lebenswichtige Büchse auf seinen aufgeklappten Schreibtisch. Großvater suchte jetzt überall. In seiner Werkstatt, im Ziegenstall, neben dem Hasenstall. Endlich stakste er in seine Stube. Er suchte auch hier so lange, bis er seine selbstgemachte Kuhhorndose fand. Nach langer Suche erblickte es seine geliebten Tabakbehälter. Aus einem Rinderhorn fertigte er eigenhändig seine einmalig schöne Schnupftabaksdose. Das Unikat gehörte zu ihm, wie seine Westentasche, in der er stets Trockenobst dabei hatte. Hutzeln und Tabak, das war seine Schwäche. Im Boden der Büchse setzte er eine Scheibe Nussbaumholz ein. Ebenso fertigte er einen Deckel aus dem gleichen Material an der Oberseite seines wertvollen Behältnisses. Den Deckel schusterte er etwas konisch so zusammen, dass er stramm auf der Dosenöffnung saß. Der kostbare Tabak sollte ja nicht ausgeschüttet werden.