Anwalt des Reiches
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Die Endphase der Weimarer Republik bildet den Rahmen der vorliegenden Arbeit. Im Mittelpunkt steht der „Preußenschlag“ - die Absetzung der geschäftsführenden Regierung Braun am 20. Juli 1932 durch die Reichsregierung unter dem Reichskanzler von Papen als Reichskommissar - und der sich daran entfachende Streit „Preußen contra Reich“ vor dem Staatsgerichtshof. In dieser Phase tritt Carl Schmitt erstmals in das Blickfeld der politischen Öffentlichkeit: Er übernimmt für die Reichsregierung die Prozessvertretung. Damit empfiehlt er sich dem Planungsstab des Reichswehrministeriums, der diese Hinzuziehung initiiert hatte, für höhere Aufgaben. Der politisch ambitionierte Minister und spätere Interims-Kanzler General von Schleicher beauftragt seinen engsten Kreis mit Planungen, die die Verhinderung einer Regierungsübernahme durch die Nationalsozialisten zum Gegenstand haben. Dabei werden Szenarien durchgespielt, nach denen die Verfassungsgewichte intrakonstitutionell in Richtung einer präsidialen Demokratie verlagert werden sollen. Die Optionen reichen von der Ignorierung destruktiver Misstrauensvoten bis hin zu Zwangsvertagung des Reichstags und Ausrufung des Staatsnotstandes. Hieraus resultiert ein ganzes Bündel an komplizierten verfassungsrechtlichen Spezialfragen, für die Schmitts Sachverstand gebraucht wird. In den letzten Monaten der Weimarer Republik avanciert Carl Schmitt somit vom Prozessvertreter der Reichsregierung mittelbar zu dem wichtigsten Berater des politischen Generals in Verfassungsfragen. Damit wird der „Anwalt“ zum Geheimnisträger. Diese spannende Entwicklung lässt sich erstmals durch neue Quellen nachzeichnen, wobei auch historische Ereignisse teilweise in ein neues Licht gerückt werden. Gabriel Seiberth untersucht, gestützt auf neuere Forschungserkenntnisse sowie durch Einsichtnahme in den persönlichen Nachlass Carl Schmitts, die Rolle des umstrittenen Staatsrechtlers in dem politischen Kräftefeld der Weimarer Reichskrise. Gabriel Seiberth, Jahrgang 1973, Studium der Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin (Schwerpunkte: Politik und Recht). Intensive Beschäftigung mit dem Staatsrecht der Weimarer Republik. Zusammen mit Wolfram Pyta veröffentlichte er erstmals die politisch relevanten Passagen des Tagebuchs von Carl Schmitt aus den letzten Weimarer Krisenjahren. Neben der wissenschaftlichen Forschung war Seiberth als freier Journalist tätig.