Einflüsse westeuropäischer Kupferstiche auf die russische Ikonenmalerei im 17. Jahrhundert
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Schwere Krisen und der dynastische Wechsel haben zu Beginn des 17. Jahrhunderts einen gesellschaftlichen und kulturellen Wandel in Russland eingeleitet, der zu einer grundsätzlichen Umgestaltung der Staatsorganisation unter Peter I. führen sollte. Gleichzeitig verstärkte sich der Kulturtransfer aus Westeuropa, der auch in der Ikonenmalerei deutliche Spuren hinterlassen hat. Ein bedeutendes Resultat daraus ist die Ablösung des Kunstbildes vom Kultbild in Russland. Die vorliegende Untersuchung beginnt damit, die Ikonen in ihrer Genese als Kultbild den, auf die Anforderungen des Kunstmarkts orientierten Kupferstichen gegenüberzustellen. Ein weiterer Schritt verfolgt die motivische und stilistische Ausdifferenzierung der russischen Ikonenmalerei bis ins 17. Jahrhundert. Lokale, soziale und theologische Besonderheiten werden als stilprägende Faktoren herausgestellt. Dies bildet die Grundlage für den direkten Vergleich von Ikonen mit Kupferstichen, wobei zuerst die formalen Qualitäten der aufgezeigten Einflüsse besprochen werden. Als inhaltliche Bezugsebene dient die Analyse der Verhältnisse innerhalb Russlands und in ihrer Spannung zu Westeuropa. Innerhalb Russlands kann in vielen Bereichen eine Tendenz zur Säkularisierung gezeigt werden, während gleichzeitig die theologischen Auseinandersetzungen mit dem Westen eine Rationalisierung und Vertextlichung der Orthodoxie vorantreiben. Vor dem Hintergrund dieser Untersuchung werden die kirchlichen Bestimmungen des 16. und 17. Jahrhunderts und die zeitgenössischen Schriften zur Ikonenmalerei untersucht. Hierauf aufbauend kann schließlich die Semantik des Formenwandels bestimmt werden. Ein Exkurs untersucht die Deutungsmöglichkeiten klassischer Ikonenmalerei durch Sergej Bulgakov und Pavel Florenskij. Diese stellen den kultischen Charakter der Ikone in eine polemisierende Spannung zur religiösen Malerei des Westens und entfalten daraus eine diskussionswürdige Stilkritik.