Performativität des Mordes
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Die Figur des Märtyrers ist in der schiitischen Tradition durch die Ereignisse des Jahres 680 n. Chr. in Karbala geprägt, als Hussain, der Enkel des Propheten Mohammad, mit seiner Familie und seinen Anhängern getötet wurde. Kurz danach wurden Hussains Schicksal und die Tradition der Trauerrituale um seinen Tod zu einem Hauptelement der Protestbewegungen in der ganzen islamischen Welt, besonders bei den nicht-arabischen Muslimen, die unter der Macht der damaligen Kalifen standen. Mit dem politischen Erfolg und der kulturellen Macht der Schia in der Safaviden-Ära (1501–1722) beginnt die Fiktionalisierung der Ereignisse von Karbala und die Transformation von einem Trauer-Opfer-Ritual in ein Theater-Ritual des Märtyrertums (Ta’ziya), das bis heute als zentrales öffentliches Ereignis in den Trauermonaten aufgeführt wird. Die Popularität von Ta’ziya als volkskulturelles Phänomen ist ungebrochen, während sich die jeweiligen Herrschaftskulturen nur bedingt damit identifizierten. Nicht selten wurde daher Ta’ziya von den politischen Machthabern und dem Klerus verboten. In der vorliegenden Studie wurde neben den Charakteristika des Märtyrers in der schiitischen und insbesondere der iranischen Tradition das Märtyrertum untersucht, wenn es auf der Bühne von einem Kollektiv und für ein Kollektiv dargestellt wird. Dabei wird das Martyrium in Ta’ziya als ein performatives Phänomen gefasst, das mehr mit der kulturellen Präsenz des Märtyrers als mit dessen Behandlung auf der textuellen Ebene zu tun hat.