Die Gugging-Protokolle
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Im niederösterreichischen Wallfahrtsort Maria Gugging wurde ein altes Neurologiespital zu einer Elite-Universität umgebaut. Die Buchprüferin Gertraud Anecker sollte dort eigentlich nur das Finanzgebaren der jungen Institution unter die Lupe nehmen; stattdessen stößt sie auf undokumentierte Kellergeschoße und meint, dem Geheimnis um eine vertuschte NS-Vergangenheit des Instituts auf der Spur zu sein. Gleichzeitig erfährt der Oberschüler Balthasar Kutz bei der nahegelegenen Lourdesgrotte eine Marienvision, die sein atheistisches Weltbild gründlich durcheinanderbringt. Er wird in der örtlichen Pfarre festgehalten, nach kurzer Zeit jedoch von Polizeibeamten ebenfalls in das Kellergewölbe verschleppt. – Auch Lenka Kravalova, Gehirnforscherin an der Elite-Universität, hat durch Zufall dieses Kellerarchiv entdeckt. Das Roman-Debüt des österreichischen Autors Roland Reichart rankt sich um drei Handlungsstränge: Der Text setzt sich aus den protokollierten Berichten dieser drei Personen über die Geschehnisse zusammen. Alle drei kommen früher oder später zu dem Schluss, dass ihre Gedanken manipuliert werden; daher sind sie zunehmend bestrebt, „eigene“ von „eingeflüsterten“ Gedanken zu unterscheiden und ihre Handlungen vor sich selbst zu rechtfertigen. Zuletzt scheinen die Figuren die Gedankenkontrolle überwunden zu haben und geflohen zu sein. In einem Epilog werden die Protokolle ihrer Aussagen jedoch von einem Mitarbeiter der Forschungseinrichtung analysiert: Tatsächlich war der gesamte Ablauf einschließlich der Flucht Teil eines Experiments, bei dem die Bewegungen (nicht etwa die Gedanken) der Versuchspersonen manipuliert wurden. Deren Rechtfertigungsversuche stellen sich als kreative Selbsttäuschung heraus, die dazu dient, die Vorstellung vom Primat des Geistes über den Körper aufrecht zu erhalten. Doch in Wirklichkeit ist alles ganz anders - zumindest in der Wirklichkeit der Öffentlichkeit und der Medien.