Katholizismus und Politik in Nachkriegsdeutschland
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Im Jahre 1945 lag Deutschland in Trümmern. Millionen waren heimatlos und die Verwaltung war weitgehend zum Erliegen gekommen. In kleinen Kreisen begannen zwischen den Ruinen zerstörter Städte und hypertropher Herrschaftsträume die Gespräche über eine neue politische Ordnung. An diesen Zirkeln beteiligten sich oftmals auch katholische Geistliche, indem sie etwa Kontakte herstellten oder die Gespräche einleiteten. Die katholische Kirche selbst hatte als einzige Großinstitution den Krieg weitgehend intakt überstanden, trotz der Vielzahl an getöteten Ordensleuten und Priestern. Für einen kurzen Moment mochte es scheinen, dass sie die „Siegerin in Trümmern“ darstelle. Die Spitzen der Kirche, die Bischöfe, gaben sich Hoffnungen hin, der künftige Staat werde auf der Grundlage des Christentums errichtet. In jedem Falle sollte die Kirche aber einen bedeutenden Platz darin einnehmen. Von derartigen Hoffnungen und Erwägungen war auch der Paderborner Erzbischof Lorenz Jaeger (1892–1975) erfüllt. Beteiligte er sich auch selbst nicht an den Initiativen zur Gründung der CDU in seiner Bischofsstadt, so wirkten Priester seines engeren Umfeldes doch maßgeblich dabei mit. Der Erzbischof hielt sich im Hintergrund. Mit der Neugründung der Zentrumspartei entstand 1945 eine politische Kraft in Westfalen, die mit der CDU um dieselbe katholische Wählerschaft und die Gunst bei den Kirchenoberen rang. In der politischen Auseinandersetzung zwischen Zentrumspartei und Union legte der Erzbischof großes taktisches Geschick an den Tag. Er lavierte zwischen beiden und versagte sich einer offenen Stellungnahme. Im Hintergrund pflegte Jaeger aber teils enge Kontakte zu den politischen Akteuren. Auf klandestine Weise suchte der Erzbischof, seine eigenen politischen Ziele zu erreichen. Die Zielrichtung war klar: Die „Durchsetzung christlicher Grundsätze“ in der Gesellschaft und die Gegnerschaft zu den Parteien des sozialistischen und liberalen Lagers. Dabei stand Jaeger im steten Spannungsverhältnis zwischen dem Festhalten am eigenen Standpunkt und der notwendigen Flexibilität auf dem politischen Parkett. Am Beispiel des Paderborner Oberhirten Lorenz Jaeger wird so dem politischen Agieren eines katholischen Bischofs in der Nachkriegszeit und frühen Bundesrepublik nachgespürt. Auf Basis lange unzugänglicher Archivquellen wird hiermit auch ein detailliertes Bild vom Verhältnis zwischen Katholizismus und Politik in der deutschen Geschichte nach 1945 gezeichnet.