Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde
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Es gerät manchmal in Vergessenheit, dass Schopenhauers wichtigste Werke bereits Anfang des 19. Jahrhunderts, im zeitlichen Kontext der Klassischen deutschen Philosophie, erschienen sind – so seine Dissertation »Ueber die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde« von 1813. Diese lange nicht mehr verfügbare, konzise erste Fassung liegt nun in einer kritisch edierten Neuausgabe vor. Schopenhauer wurde mit der Arbeit an der Universität Jena promoviert. Kaum war das Buch erschienen, schickte er es an Goethe und G. E. Schulze, die seine Arbeit uneingeschränkt lobten. Als fünf Jahre später »Die Welt als Wille und Vorstellung« erschien, wies er einleitend auf die Bedeutung der Dissertation für dessen Verständnis hin. Ausgangspunkt der Untersuchung ist der Satz »Nihil est sine ratione« (nichts ist ohne Grund), den Schopenhauer zunächst als tradiertes Prinzip jeder Seinsordnung vorstellt. In den folgenden Kapiteln werden die verschiedenen Fassungen des Satzes von Descartes bis Kant und seinen Nachfolgern untersucht – mit dem Ergebnis: Gründe für Zusammenhänge seien nicht Merkmale einer Seinsordnung, sondern gehörten unseren Vorstellungen an, und zwar je nach Gegenstandsbereich in unterschiedlichen Formen. Die Erstfassung der »vierfachen Wurzel« ist gegenüber der verbreiteten, 34 Jahre später erschienenen Überarbeitung erheblich kürzer und stringenter, unterscheidet sich aber auch konzeptionell: Der erst im Hauptwerk formulierte Willensbegriff ist hier noch nicht zentral. Die kritische Neuedition der ersten Auflage ermöglicht wieder den unverstellten Blick auf die große Schärfe, das breite historisch-systematische Denken und die intellektuelle Eigenständigkeit, die Schopenhauer bereits als jungen Philosophen auszeichnete.