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»In den kleinen Ansiedlungen am See und auch in Konstanz wohnten eine Menge Künstler und Schriftsteller, und sie alle verfluchten diesen Landstrich wegen seines feucht-milden Klimas, das die Menschen ihrer Energie beraubte …« so kämmte Martin Andersen Nexö seine Zeit am Bodensee gegen den Strich der Erinnerung. Der dänische Arbeiterdichter (»Pelle der Eroberer«) hatte es ein paar Jahre lang, von Allensbach aus, ganz anders erlebt: ale er mit Fritz Mauthner und Harriet Straub in Meersburg befreundet war und wohl auch dem umtriebigen Luxemburger Norbert Jacques begegnete, dem auf einem Bodenseedampfer die Inspiration für seinen »Doktor Mabuse« gekommen war. Damals ließ Andersen Nexö seine Bücher in Konstanz verlegen, im selben Programm, in dem auch der Verfasser einer merkwürdigen Südsee-Fiktion (»Der Papalagi«) vertreten war, Erich Scheuermann, der am westlichen See-Ufer schrieb, nur ein Dorf weiter als Hermann Hesse ... Kein Wunder also, dass Maré Stahl, einfallsreichste Aktivistin der Literaturszene nach dem Zweiten Weltkrieg vom »Kleinen Ascona am Bodensee« geschrieben hatte, dem bunten Gemisch aus mittleren Talenten und großem Personal bei haarsträubenden Künstlerfesten. Es sind nicht nur die überraschend vielen Highlights, die Manfred Bosch aus dem halbverborgenen Strom verstreuter Memoirenliteratur, lebendiger Erinnerung und vergessenen Archivbeständen zusammengetragen hat. Gerade von den unspektakulären Rändern einer (ziemlich braven) Bohème aus Dichtern, Literatinnen, Möchtegernschreibern, von Lebensreformern, kulturellen Dampfmachern, Träumern, Pazifisten und nationalen Fundamentalisten werden ein halbes Jahrhundert und seine Schwierigkeiten mit der Moderne neu konturiert. So erscheint die idyllische Landschaft – vom thurgauischen Uttwil, in dem Carl Sternheim, Henry von de Velde und René Schickele Nachbarn waren, bis zur überragenden Überlinger Künstlerszene mit Bruno Goetz, Ernst und Friedrich Georg Jünger und Tami Oelfken – in einem ungewohnten Licht: ein flüssiges Mosaik aus vielfach verschlungenen und noch öfter separaten Lebenslinien von Einheimischen und Hängengebliebenen, Kulturmachern und Bürokraten, bedrohten Flüchtlingen, misstrauisch beäugten Fremden, gastlich Aufgenommenen und Individualisten, die nach den Festen am Ufer gern wieder in die Metropolen zogen.
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