Unkonventionelle Einblicke in Alltagsszenen schildern den täglichen Kampf mit dem Absurden und Skurrilen und zeichnen ein sensibles Porträt von „menschlichem Strandgut“ zwischen Beisl, Psychiatrie und Straßenbahn. Seit Jahrzehnten präsentiert die Ö3-Sendereihe „Einfach zum Nachdenken“ kurze Momentaufnahmen, unkonventionelle Einsichten und spontane Reflexionen zu alltäglichen Ereignissen. In diesem Band werden nun die von August Staudenmayer für die Sendung verfassten Texte auch dem Lesepublikum zugänglich gemacht, ergänzt um etwa 40 bisher unveröffentlichte Geschichten. Der manchmal etwas schräge Blick auf das Alltägliche, die Schilderung skurriler Episoden und der rasche Wechsel zwischen leichtfüßigem Humor und sehr ernsten, auch brutalen, Stellen fordern gerade dazu heraus, die eigenen Sehgewohnheiten zu überprüfen und das Leben aufmerksam und neu wahrzunehmen. Mit leichtem, ironischen Ton thematisiert Staudenmayer Grundfragen unseres Daseins, konfrontiert den Leser mit Sinnlosigkeit und Ohnmacht. Seine Texte kreisen auf unterhaltsame Art um existenzielle Fragen und den Zustand unserer Gesellschaft. Die Geschichten vermitteln so detailgetreue Lebensskizzen, geradlinig und treffend schildern sie den alltäglichen Kampf mit dem Absurden und Skurrilen.
August Staudenmayer Bücher





„Naturgemäß jeder Hafen ein Umschlagplatz. Für Gefühle. Naturgemäß menschengemachte Dramatik“ – die Helden der Geschichten: eine alte Frau, ein Seiltänzer, Autist, Friedhofsgärtner und andere Gestalten und „keine Frage, dass etwas nicht stimmen kann“ – denn: „Das Wachstum hat eine neue Idee. Jetzt muss es nur noch eine Sprache finden.“ Staudenmayers Figuren agieren zwischen Sorglosigkeit, „Betriebsgrundlosigkeit“ und „Einsamkeitspflege“ auf der einen Seite und ziemlich drastischen Zuspitzungen auf der anderen: je nachdem, ob auf dem Fußballplatz plötzlich eine Oper stattfinden soll oder gar „die anatomischen Gesetze außer Kraft gesetzt und alle verbindlichen Netze liegen gelassen bleiben“. Und eine drastische Weltordnung erfordert einen präzise „verzweifelten Erzählstil“.
Besinnlich, bewegend, pointiert und anregend „Einfach zum Nachdenken“ ist nicht nur der Titel einer Radiosendung. Es ist ein Motto. Eine Einladung, die fast jeden Abend im Hitradio Ö3 für Menschen jeden Alters und unterschiedlicher Herkunft hörbar gemacht wird. Die kurzen Texte verdichten und bringen auf den Punkt, was viele täglich bewegt. Darunter Kurioses, Erschreckendes, Lustiges und Trauriges. Diese dreifache Vielfalt ist nun zwischen zwei Buchdeckeln vereint worden. Ein tierisches, manchmal geradezu unmenschliches Vergnügen...
„Wer im Wahnsinn ist, kann sich von dort selbst Post schicken. Ich habe das getan, ich war dort, die Adresse ist öffentlich bekannt, ein städtisches Seelengestörtenhaus“. August Staudenmayers Prosaminiaturen entstanden in der psychiatrischen Klinik, wo er 2012 viereinhalb Monate verbrachte. Er schrieb täglich ein paar Satzgeflechte auf verschiedenste Zettelchen, steckte sie in Kuverts und schickte sie an seine Wiener Adresse. Wieder entlassen, öffnete er die Kuverts und es wurde ihm klar, dass diese Texte nichts anderes spiegelten als das rasende Überlebensgefühl dieser mehrmonatigen panischen Phase. August Staudenmayer, geb. 1961, lebt seit zwanzig Jahren in Wien. Regelmäßige Publikationen im ORF-Radio. Schrieb zuletzt das Drehbuch für Houchang Allahyaris preisgekrönten Film „Der letzte Tanz“.