Viktor Frankl
26. März 1905 – 2. September 1997
Auch bekannt als: Gabriel Lion
Viktor Emil Frankl (* 26. März 1905 in Wien, Österreich-Ungarn; † 2. September 1997 in Wien, Österreich) war ein österreichischer Neurologe und Psychiater. Er begründete die Logotherapie und Existenzanalyse, die vielfach auch als die „Dritte Wiener Schule der Psychotherapie“ bezeichnet wird. Eines seiner bekanntesten Werke ist das im Jahr 1946 erschienene … trotzdem Ja zum Leben sagen: Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager, in dem Frankl seine Erlebnisse und Erfahrungen in vier verschiedenen Konzentrationslagern, darunter Auschwitz, während des Zweiten Weltkriegs schildert.
Viktor Emil Frankl wurde am 26. März 1905 in Wien-Leopoldstadt, Czerningasse 6, als zweites Kind des Ministerialbeamten Gabriel Frankl und dessen Ehefrau Elsa geb. Lion geboren. 1923 legte er die Matura unter anderem mit einer Abhandlung über Die Psychologie des philosophischen Denkens ab. Er studierte Medizin, wobei Depressionen und Suizid zu seinen Schwerpunktthemen wurden. Neben seiner medizinischen Dissertation, 1930, legte er 1948/49 eine philosophische Dissertation mit dem Titel Der unbewußte Gott vor. Er hatte persönlich Kontakt zu Sigmund Freud und Alfred Adler, den Begründern der ersten und der zweiten „Wiener Schule der Psychotherapie“. Frankl wurde 1927 wegen „unorthodoxem Verhalten (Fragen nach dem Sinn)“ durch Alfred Adler aus der Gesellschaft für Individualpsychologie ausgeschlossen. Während sich Adler mit der Sinnfrage zur Vorbeugung und Verhütung von Schäden, die durch Sorgen, Nöte und Beschwerden bei seelisch gesunden Menschen entstehen können, beschäftigte, stellte Frankl die Sinnfrage ins Zentrum seiner Arbeiten zur Suizidprävention. 1924/1925 war Frankl Obmann der Sozialistischen Mittelschüler Österreichs. 1928 gründete er Jugendberatungsstellen in Wien (bei Wilhelm Börner). 1930 organisierte er zur Zeit der Zeugnisverteilung eine Aktion, um Schüler mit schlechten Zeugnissen vom Suizid abzuhalten. Von 1933 bis 1937 leitete er im Psychiatrischen Krankenhaus in Wien den „Selbstmörderinnenpavillon“. Hier betreute er als Oberarzt jährlich bis zu 3000 suizidgefährdete Frauen. Nach dem „Anschluss“ Österreichs im März 1938 wurde ihm wegen seiner jüdischen Herkunft untersagt, „arische“ Patienten zu behandeln. 1940 übernahm er die Leitung der neurologischen Abteilung des Rothschild-Spitals, des einzigen Krankenhauses, in dem in Wien noch jüdische Patienten behandelt wurden. Einige seiner Gutachten aus dieser Zeit sollten Patienten davor bewahren, dem nationalsozialistischen Euthanasieprogramm zum Opfer zu fallen. 1941 erhielt er die Aufforderung, zur Ausstellung des beantragten Visums im US-Konsulat in Wien zu erscheinen. Er zog es aber vor, seine Eltern nicht allein zu lassen, und verzichtete auf das Visum. Im Dezember 1941 heiratete er Mathilde (meist Tilly genannt) Grosser. 1942 erwarteten sie ein gemeinsames Kind, das sie unter Zwang abtreiben mussten. Viktor Frankl widmet dem ungeborenen Kind das nur auf Englisch erschienene Buch The Unheard Cry for Meaning mit den Worten „To Harry or Marion – an unborn child“. Als Juden wurden er, seine Frau und seine Eltern am 25. September 1942 ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Sein Vater starb dort 1943, seine Mutter wurde in der Gaskammer von Auschwitz ermordet, ebenso sein Bruder Walter, seine Frau starb im KZ Bergen-Belsen. Frankl wurde am 19. Oktober 1944 von Theresienstadt nach Auschwitz gebracht und einige Tage später in das KZ-Außenlager Kaufering III – Kaufering und am 5. März 1945 in das KZ-Außenlager Kaufering VI – Türkheim, ein Außenlager des KZ Dachau, transportiert. Am 27. April 1945 wurde er in Türkheim von der US-Armee befreit.Seine Eindrücke und Erfahrungen in den Konzentrationslagern verarbeitete er in dem Buch … trotzdem Ja zum Leben sagen (Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager). Schon kurz nach Ende des Krieges vertrat er die Ansicht, dass vor allem Versöhnung einen sinnvollen Ausweg aus den Katastrophen des Weltkrieges und der Schoah weisen könne und es insbesondere keine kollektive Schuld geben könne. Dies formulierte er eindrücklich bei seiner Rede auf dem Wiener Heldenplatz im Jahr 1988 zum Gedenktag 50 Jahre nach dem sogenannten „Anschluss“ Österreichs. 1946 wurde er zum Vorstand der Wiener Neurologischen Poliklinik berufen und war dies bis 1971. Er gründete 1950 die Österreichische Ärztegesellschaft für Psychotherapie und wurde deren erster und einziger Präsident. 1947 heiratete Viktor Frankl in zweiter Ehe Eleonore (meist Elly genannt) Katharina Schwindt, die über 50 Jahre nicht nur seine Lebensgefährtin war, sondern ihn auch wissenschaftlich unterstützte. Zusammen hatten sie eine Tochter, Gabriele. 1948 stand Frankl Heinz von Förster bei der Veröffentlichung von dessen erster wichtiger wissenschaftlicher Veröffentlichung (Das Gedächtnis. Eine quantenphysikalische Untersuchung) zur Seite. 1955 erhielt er den Professorentitel für Neurologie und Psychiatrie an der Universität Wien, Gastprofessuren führten ihn in die USA (Harvard University, Dallas und Pittsburgh). Er galt als einer der größten Fachleute auf seinem Gebiet. Frankl verfasste 32 Bücher, die in 49 Sprachen erschienen; er erhielt weltweit 29 Ehrendoktorate. Mit 67 Jahren machte er den Pilotenschein.Er ist auf dem Wiener Zentralfriedhof in der „Alten Israelitischen Abteilung“ begraben.