In Leander Kaisers Schriften wird die zur Normativität fetischisierte und in gepflegter Langeweile kuratierte Moderne zu neuem Leben erweckt. Kaiser zeichnet den dieser Moderne innewohnenden Streit und Widerspruch nach und verbindet die kritische Darstellung des Künstlerischen mit dem Wissen um die sozialen Konflikte und Grundwidersprüche der Epoche. Ein Buch, das Parteilichkeit einfordert, wo interesseloses Wohlgefallen den Platz der Menschen eingenommen hat.
Leander Kaiser Bücher



Die heutige westliche Gesellschaft nenne ich eine Gesellschaft der Zeitzerstörung. Zeit selbst kann nicht zerstört werden; sie vergeht unabhängig von uns, und wir vergehen mit ihr. Zeit ist ein unzerstörbarer Zerstörer. Mit Zeitzerstörung beziehe ich mich auf die Enteignung, Verschleuderung und falsche Verteilung von Lebenszeiten. Es ist sinnvoll, darüber zu sprechen, wenn ein Potenzial freier Zeit zur Verfügung steht, das der Mehrheit den selbstbestimmten Gebrauch ermöglicht. Ich beklage nicht das Regime der abstrakten Zeit und fordere keine Rückkehr zu einem Gemeinschaftsleben, in dem der Alltag ohne ständigen Blick auf die Uhr organisiert werden kann. In unserer Gesellschaft der Individuen, die nicht durch familiäre oder lokale Bindungen verbunden sind, ist eine Disziplin erforderlich, die auf linearer, gleichförmiger Zeit basiert. Diese Disziplin ist notwendig für die Interaktion der Menschen und die Organisation der Arbeit, unabhängig davon, ob sie als Unterwerfung unter einen fremden Willen oder als autonome Planung des Individuums erlebt wird.