Religion, Recht und Säkularisierung in der Frühen Neuzeit
Zur kulturellen Signatur der westlichen Christenheit






Zur kulturellen Signatur der westlichen Christenheit
Ausgewählte Studien
Christoph Strohm untersucht die fließenden Übergänge zwischen lutherischem und reformiertem Protestantismus im 16. Jahrhundert. Er beleuchtet die Beiträge weniger bekannter Theologen wie Bullinger und zeigt, dass trotz späterer Abgrenzungen ein ursprünglicher Zusammenhang bestand. Der klassische Reformationsbegriff bleibt zentral.
Betrachtungen zu Thomas Karlaufs "Stauffenberg" und Jan Assmanns "Totaler Religion"
Die Einführung der Reformation in Württemberg 1534 stand vor der Aufgabe, zwinglianische Einflüsse aus dem benachbarten Zürich mit lutherischen Orientierungen zu verbinden. So wurde die württembergische Konkordie von 1534 zum Ausgangspunkt späterer innerprotestantischer Einigungsbemühungen. 1563 entstand in der Kurpfalz der Heidelberger Katechismus als eines der wichtigsten reformierten Bekenntnisse. Nicht zuletzt als Reaktion darauf wurde 1577 unter maßgeblicher Beteiligung württembergischer Theologen, insbesondere des langjährigen Kanzlers der Tübinger Universität, Jakob Andreä, die Konkordienformel als lutherisches Einigungsbekenntnis verfasst. Eine möglichst umfassende digitale Erfassung und exemplarische Edition der Korrespondenzen aller führenden Theologen in Kirche und Universität zwischen 1550 und 1620 soll die bislang nicht ausreichend gewürdigte Bedeutung des Südwestens des Reichs für die europäische Reformationsgeschichte sichtbar machen.
Ein Beitrag zur Kontroverse um die Kulturwirkungen der Reformation
Die kulturellen und insbesondere die religiösen Kontexte des Rechts sind in einer globalisierten Welt zu einer neuen Herausforderung geworden. Hat die Reformation mit ihrer Forderung nach Abschaffung des kanonischen Rechts besondere Folgen für die Rechtsentwicklung gehabt? Diese Frage wird unterschiedlich beantwortet. Es ist das Anliegen der jüngeren Konfessionalisierungsforschung gewesen, die Gleichförmigkeit der Konfessionen und ihrer Kulturwirkungen herauszustellen. Groß ist die Sorge, dass dem Protestantismus wieder wie vor hundert Jahren eine besondere Nähe zur Moderne zugesprochen wird. Die Beiträge des vorliegenden Sammelbandes erörtern die Frage nach den Folgen der Reformation für die Rechtsentwicklung in unterschiedlichen Rechtsgebieten. Im Sinne eines rechtsvergleichenden Zugriffs wird auch nach dem Zusammenhang von Recht und Moral bei katholischen Juristen gefragt. Die Open Access-Version der Publikation finden Sie auf online. mohr. de. Mit Beiträgen von: Axel Freiherr von Campenhausen, Wim Decock, Heiner Lück, Michael Stolleis, Christoph Strohm, Heinrich de Wall, Cornel A. Zwierlein
Zum Ertrag der Edition der Deutschen Schriften Martin Bucers
Die nun erfolgreich abgeschlossene Edition der Deutschen Schriften des Reformators Martin Bucer hat das am Beginn der Arbeiten formulierte Urteil uber Bucer als "den dritten deutschen Reformator" bestatigt. Seine vielfaltige Bedeutung fur die deutsche sowie die europaische Reformationsgeschichte und insbesondere seine Schlusselrolle bei der Einfuhrung und Ausgestaltung der Reformation in den wichtigen Territorien und Reichsstadten im Sudwesten des Reiches steht nun klarer vor Augen. Hier hat Bucer die thematischen Schwerpunktsetzungen wie zum Beispiel die Klarung des Umgangs mit dem Kirchengut oder auch der Verantwortung der weltlichen Obrigkeit in Religionsangelegenheiten entfaltet und sein theologisches Profil gewonnen. Kein geringerer als Johannes Calvin hat Vieles davon aufgenommen, weiterentwickelt und zu weltgeschichtlicher Wirkung gebracht.
Die Kurpfalz war das erste Kurfurstentum im Reich, in dem sich der Calvinismus durchsetzen konnte. Zahlreiche protestantische Glaubensfluchtlinge aus Westeuropa siedelten sich hier an und spielten bald eine wichtige Rolle in Handwerk, Verwaltung und Universitat. Sie grundeten Stadte wie Frankenthal, die zu Zentren des Handels und des Handwerks wurden. Sie trugen dazu bei, dass die Universitat Heidelberg Ende des 16. Jahrhunderts eine Blutezeit erlebte. Ihre Erfahrungen als Glaubensfluchtlinge bestarkten die pfalzischen Kurfursten in dem aussenpolitischen Kurs gegen die Habsburger, der nach 1618 in den Dreissigjahrigen Krieg und 1622 zur Besetzung der Residenzstadt Heidelberg fuhrte. Das Heft stellt wichtige Aspekte der kurpfalzischen Geschichte der Reformationszeit und weit daruber hinaus vor. Die bis heute erhaltenen Spuren werden illustriert und erlautert. Das Heft erscheint 450 Jahre nach der Einfuhrung des Heidelberger Katechismus im Jahr 1563. Dieser Text markiert den entscheidenden Schritt im Ubergang der Kurpfalz vom Luthertum zum westeuropaisch gepragten Calvinismus. Bis heute ist der Heidelberger Katechismus eine der weltweit am meisten verbreiteten protestantischen Bekenntnisschriften.
Christoph Strohm legt mit diesem Buch einen kompakten Überblick über die Rolle der Kirchen im Dritten Reich vor. Er zeigt, wie es 1933 zu einem Konkordat mit der Katholischen Kirche, zur Gründung der Deutschen Christen und zur Bekennenden Kirche kam, und beschreibt die nationalsozialistische Kirchenpolitik, die kirchlichen Reaktionen auf Verfolgung und Mord sowie den Umgang der Kirchen mit der Schuldfrage nach 1945.
Johannes Calvin (1509–1564) hat Luthers Reformation so erfolgreich weitergeführt wie kein anderer. Durch sein Wirken konnte sie sich über Genf hinaus in Westeuropa und vor allem in Nordamerika ausbreiten. Doch bis heute ist der strenge Jurist und Theologe hoch umstritten. War er ein geistlicher Diktator oder einer der wichtigsten Gestalter der westlichen Zivilisation? Christoph Strohm zeichnet knapp und anschaulich die entscheidenden Stationen seines Lebens und Wirkens nach und macht deutlich, warum Calvin bis heute die Gemüter erregt.
Der vorliegende Band enthält die Beiträge eines internationalen Symposiums von Juristen, Theologen und Historikern, das im interdisziplinären Austausch der Frage nachging, welchen Einfluss konfessionelle Orientierungen auf die Jurisprudenz der Frühen Neuzeit hatten. In der neueren Konfessionalisierungsforschung wurde die wichtige Rolle hervorgehoben, welche die sich formierenden christlichen Glaubensgemeinschaften bei der Entstehung der frühmodernen Staatenwelt gespielt haben. Dabei steht im Zentrum des Interesses die den drei großen Konfessionen gemeinsame Funktion einer Sozialdisziplinierung, mentalen Kontrolle und Verdichtung von Staatlichkeit. Vor diesem Hintergrund liefern die Aufsätze Bausteine zur Beantwortung der Frage nach der möglichen Eigenart und den spezifischen Besonderheiten lutherischer, reformierter und katholischer Juristen zur Rechtsentwicklung im 16. und 17. Jahrhundert.