Vladimír Karbusický Bücher







Geschichte des böhmischen Musiktheaters
- 391 Seiten
- 14 Lesestunden
In den letzten Jahren seines Lebens arbeitete Vladimir Karbusicky (1925-2002) an einer „Geschichte des böhmischen Musiktheaters“. Diese Arbeit ist als ein Vermächtnis anzusehen und liegt hiermit als Buch vor. Die Beschäftigung des Musikwissenschaftlers mit der Kultur und Historie Böhmens war stets mehr als nur Reflexion über die eigene Heimat. Karbusicky betrachtete die Kultur und Geschichte Böhmens - bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein - als eine durchaus funktionierende multikulturelle Gesellschaft, in der ein Zusammenleben von Tschechen und Deutschen, Juden und anderen Religionsgemeinschaften stattfand. Daraus resultierte ein künstlerisches Schaffen, das von gegenseitigen Anregungen und Toleranz geprägt war. Symptomatisch hierfür ist es, daß auf der selben Bühne des Ständetheaters in Prag, auf der 1787 Mozarts „Don Giovanni“ uraufgeführt wurde, 1795 erstmals ein Jude unter dem Applaus eines josephinisch gesonnenen Publikums sang - bezeichnenderweise aus Mozarts „Zauberflöte“, die in der Tradition der Aufklärung stand und auch in Böhmen viele Liebhaber hatte. Zu dieser Zeit war das ein nahezu einmaliger Vorgang in Europa.
Josef Bohuslav Foerster, tschechischer – eigentlich böhmischer – Komponist (1859-1951), erlebte als Freund Gustav Mahlers die Jahre in Hamburg mit. Der Autor folgt in seinem Chronik dieser Freundschaft diesen Spuren anhand von Briefen und anderen Dokumenten aus dieser Zeit. (Abbildungen, Notenbeispiele, Quellen- und Literaturnachweis.) JM
In seinem streitbaren Essay untersucht Karbusicky die deutsche Musikgeschichtsschreibung. Er kann der Disziplin - auch ihren als „fortschrittlich“ geltenden Fachvertretern - einen prononzierten Deutschzentrismus bei der Auswahl ihrer vermeintlich als „Epoche-machend“ klassifizierten „Liebslingskomponisten“ nachweisen. Mehr als ihnen lieb gewesen sein dürfte, waren diese Wissenschaftler Kinder ihrer Zeit und übernahmen jene philosophischen Traditionen (deutsch-Hegelisches „Vorherrschaften“), die auch den „Griff zur Weltmacht“ geistig vorbereiteten oder legitimierten. Karbusicky belegt, dass Fachvertreter wie Theodor W. Adorno (1903-1969), Hans Heinrich Eggebrecht (1919-1999) und andere Fachvertreter romanische, slavische und andere Musiktraditionen in ihren Werken ignorierten oder sie lediglich „als landesspezifische“ Erscheinungen an den Rand stellten. Die Kategorie des „Abendlands“ (wie Eggebrecht sie in seiner Musikgeschichte einführt) gesellt sich so in die Tradition jenes unheilvollen deutschen Sendungsbewußtseins. "Das Buch wendet sich gegen die einseitige Glorifizierung des Teiles der europäischen Kultur, der nebulös und unübersetzbar als 'Abendland' bezeichnet wird, und warnt vor mehrfach mibrauchter Aufteilung in Hauptströme (implizit 'übergeordnet und wertvoll') und Nebenströme (nicht gesetzmäßig, 'minder wert')." (Musicology, Prag)
