In Literatur und Medien sind Bahnhöfe, Flughäfen, Häfen, Parkplätze (und die damit assoziierten Verkehrsmittel) allgegenwärtig. Das gilt auch für Flüchtlingslager und deren Umgebungen. Angesichts transnationaler Mobilität als Alltagserfahrung sind «Transiträume» (Foucault), «Räume» (de Certeau), «Nicht-Orte» (Augé) und «liminale» Räume (Turner) im «Grenzbereich» (Lotman) zu einem unübersehbaren Topos geworden. In der Sprach-, Literatur- und Kulturtheorie trägt das Konzept des «spatial turn » dieser Entwicklung Rechnung. Transitorische Begegnungen in Grenzbereichen sind zugleich eine Herausforderung für das offene Konzept der Interkulturalität. Dies diskutiert der vorliegende Band anhand von Fragen wie diese: Was für Begegnungen finden in Transiträumen statt? Stellen derartige Begegnungen bestehende Identitätskonzepte in Frage? Kann ein Transitraum einen Rahmen für Transdifferenz oder Hybridität bilden? Wie beeinflusst die Bewegung in verschiedenen Transportmitteln sinnliche und kulturelle Perspektiven? Wie unterscheiden sich Räume in verschiedenen Gattungen, Medien oder Künsten? Wie stehen sie miteinander in Bezug? Experten interkultureller Germanistik aus aller Welt antworten darauf in ihren Beiträgen aus literatur-, kultur- und medienwissenschaftlicher Sicht.
Sabine Egger Reihenfolge der Bücher




- 2017
- 2009
Johannes Bobrowski erklärte das „Verhältnis der Deutschen zu ihren östlichen Nachbarvölkern” zum zentralen Thema seiner unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs entstandenen Lyrik. Das darin sichtbar werdende Bild mittelosteuropäischer Kultur(en) scheint zunächst auf Imagotypen „des Ostens“ in den Texten deutschsprachiger Autoren von J. G. Herder bis hin zu Ernst Jünger zurückzugreifen und geschichtliche Verantwortung in mythische Schicksalhaftigkeit aufzulösen. Diese Studie zeigt jedoch, wie die komplexe Adaption mythischer Stoffe und Strukturen in Bobrowskis Lyrik einen dynamisch-dialogischen Gedächtnisraum „Sarmatien“ schafft, in dem gewohnte Bilder west-osteuropäischer Geschichte transzendiert werden. Aktuelle Denkansätze in den Bereichen Erinnerung und Alterität eröffnen – zusammen mit den Schriften Emmanuel Lévinas’, Martin Bubers, Walter Benjamins und Ernst Cassirers – einen neuen Zugang zum Vergangenheitsbezug in der sarmatischen Lyrik. Versteht man den Mythos als fremdes Denken, dann wird Bobrowskis poetische Erinnerung als Fremderfahrung begreifbar: Zum einen findet in den Gedichten eine stoffliche Adaption von Mythen der Opferkulturen statt, zum anderen eine strukturelle Mythisierung, wie sie im Geschichtsbild und der magischen Natursprache zum Ausdruck kommt.