Karl Dienst Bücher

Die Auseinandersetzung mit der Kirchen- und Lebensordnung nach 1945 steht im Mittelpunkt der Betrachtungen. Das Buch thematisiert die Frage, ob das Bewahren bestehender Strukturen in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) um 1968 noch zeitgemäß war oder ob Veränderung notwendig wurde. Es beleuchtet die Herausforderungen, die sich aus der Notwendigkeit ergeben, kirchliche Praktiken an die sich wandelnden Bedürfnisse der Gesellschaft anzupassen und aktiv an gesellschaftlichen Prozessen teilzuhaben. Die Rolle der Strukturkommissionen wird dabei besonders hervorgehoben.

Die Untersuchung beleuchtet die komplexen Beziehungen zwischen Kirche und universitärer Theologie in Hessen und Nassau. Sie stellt die Frage nach der Identität einer Landeskirche und diskutiert, ob diese auf einer liberalen theologischen Wissenschaftskultur basiert oder eher auf einer praktischen Religions- und Frömmigkeitskultur, die Dogmatik und Kirchenpolitik miteinander verbindet. Zudem wird die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass Identität nicht allein aus theologischen oder kirchenpolitischen Aspekten abgeleitet werden kann. Historische Perspektiven werden dabei besonders berücksichtigt.

Die Untersuchung beleuchtet die Entwicklung der 'Kirchlichen Zeitgeschichte' und deren Einfluss auf die Wahrnehmung des Kirchenkampfes. Von theologischen Ansätzen wird zu einer historisch-kritischen Analyse des protestantischen Milieus übergegangen, was neue Perspektiven auf eine herausfordernde Epoche des Protestantismus eröffnet. Dabei werden auch Vorannahmen und Defizite thematisiert, die das Verständnis beeinträchtigen. Die Rolle der christlichen Studentenverbindung 'Wingolf' sowie das Verhältnis von Politik und Religionskultur in Hessen und Nassau werden ebenfalls eingehend betrachtet.

Nicht nur in der Kirchenkampfforschung spielen die Behauptung einer „Eindeutigkeit“ der Ziele und des Handelns der „Bekennenden Kirche“ sowie Karl Barths Gleichsetzung einer nationalen Haltung mit einer Nähe zum Nationalsozialismus eine wichtige Rolle. Dass diese sich vor allem uniformierenden kirchenpolitischen Optionen verdankende Sicht zu eng und einseitig ist, zeigt das Schicksal des Offenbacher französisch-reformierten Pfarrers und späteren Mainzer Kirchengeschichtlers Wilhelm Boudriot. Im Interessengeflecht von Deutschen Christen, Bekennender Kirche, Reformierten, Deutschnationalen, Karl Barth, Mainzer Universität und französischer Besatzungsmacht kämpfte er für den Vorrang des Bekenntnisses vor der Politik und Kirchenpolitik, was er mit dem Verlust seiner Professur und seines Lebens bezahlte.

Die Verlegung der Gewerbelehrerausbildung vom Berufspädagogischen Institut in Frankfurt/M. an die TH Darmstadt Ende der 50er Jahre stieß dort im Blick auf die Religionslehrerausbildung vor allem auf hochschul- und kulturpolitisch begründete Hindernisse. Dass 1974 mit theologischen Lehrveranstaltungen begonnen und 1977 das „Institut für Theologie und Sozialethik“ errichtet werden konnte, ist neben dem Verhandlungsgeschick der Kirchen einer Kooperation zwischen der THD und der Uni Frankfurt zu verdanken. Die vorliegende Untersuchung zeichnet diesen langen Weg anhand eingehender Archivstudien nach.