Mit diesem Beiheft sind drei Ziele verbunden: Es soll erstens einen Beitrag zur Beantwortung der Frage leisten, ob auf den verschiedenen Steuerungsebenen des Schulsystems eher technokratische Steuerungsauffassungen vorherrschen oder welche über kybernetische Kreisläufe hinausweisenden und stärker entwicklungsorientierten Modelle auf den verschiedenen Steuerungsebenen Anwendung finden. Es soll zweitens durch die Darstellung von Positionen und Auffassungen zum Bildungsmonitoring und zu im Schulwesen empirisch vorzufindenden Steuerungspraktiken einen Beitrag zu einem übergreifenden Diskurs über Steuerungsfragen und Steuerungsmodelle im Schulsystem leisten. Schließlich soll es drittens mögliche "Risiken und Folgewirkungen" von zunehmenden "Verdatungen" des Pädagogischen durch "learning analytics" aufzeigen und damit den Einstieg in eine in anderen Politik- und Technikbereichen selbstverständliche Technikfolgenabschätzung ermöglichen
Detlef Fickermann Bücher






Schule während der Corona-Pandemie
Neue Ergebnisse und Überblick über ein dynamisches Forschungsfeld
Die Länderberichte bieten eine umfassende Bestandsaufnahme der Erfahrungen mit jahrgangsübergreifendem Unterricht an Kleinen Grundschulen in elf europäischen Ländern, darunter Deutschland, England und Finnland. Diese Dokumentation wurde durch den Geburtenrückgang in den neuen Bundesländern angestoßen, der die Einführung solcher Schulen erwarten lässt. In Deutschland sind Kleine Grundschulen mit jahrgangsübergreifendem Unterricht ein Novum, und es fehlen systematisierte wissenschaftliche Erfahrungen zu diesem Thema. Die Berichte berücksichtigen die Organisation der Bildungssysteme, die Strukturen des Unterrichts, die Didaktik des jahrgangsübergreifenden Unterrichts, die Lehrerkooperation sowie die Lehreraus- und -weiterbildung. Zudem werden schulplanerisch und bildungsökonomisch relevante Aspekte für den Erhalt dieser Schulen betrachtet. Die Zielgruppe umfasst Erziehungswissenschaftler, Lehreraus- und -fortbilder, Grundschullehrer und Mitarbeitende in der Schulverwaltung.
Die empirische Bildungsforschung hat in den letzten beiden Jahrzehnten vor allem durch die Schulleistungsforschung, die Forschung zu den Bedingungen von Lernprozessen und gelingendem Unterricht einen bemerkenswerten Aufschwung erfahren und das Wissen in diesen Bereichen deutlich verbessert. Demgegenüber wurde das im letzten Jahrzehnt erweiterte Datenangebot der amtlichen Statistik nur in geringem Umfang für stärker analytisch ausgerichtete Untersuchungen genutzt. Die in dem Beiheft versammelten Beiträge sollen zum einen vielfältige Analysemöglichkeiten mit amtlichen Daten verdeutlichen und zum anderen Anregungen für Forschungsarbeiten mit Daten der amtlichen Statistik geben. Für die datengenerierenden Stellen in den zuständigen Ministerien und in den statistischen Ämtern des Bundes, der Länder und der Kommunen sollen die vorgestellten Untersuchungen den Wert ihrer Daten für wissenschaftliche Untersuchungen unterstreichen und so ein Bewusstsein für die Notwendigkeit eines leichten Datenzugangs schaffen.
Empirische Bildungsforschung ist nicht Gegenstand und Arbeitsbereich lediglich einer einzelnen Disziplin, sondern in hohem Maße interdisziplinär verankert. Beteiligt sind u. a. die Erziehungswissenschaft, die Psychologie mit ihren Teildisziplinen pädagogische Psychologie und Bildungspsychologie, die Bildungssoziologie, die Bildungsökonomie, die Bildungsgeographie oder auch die Politikwissenschaft, soweit sie sich beispielsweise mit Fragen der politischen Steuerung befasst. Mit Blick auf Normsetzungen ist auch die Rechtswissenschaft hinzuzurechnen. Seit einiger Zeit erheben zudem die Neurowissenschaften den Anspruch, sich empirisch zu Bildungsprozessen äußern zu können. Damit Ergebnisse empirischer Bildungsforschung breit rezipiert bzw. in einen administrativen und/oder politischen Diskurs eingeführt werden können, ist es wichtig, die jeweils disziplinspezifischen Zugänge zum Gegenstandsbereich und auch die ggf. disziplinspezifischen Begrenzungen zu kennen, um sie angemessen berücksichtigen zu können. Im ersten Band der neuen Reihe „Special Collection“ der Zeitschrift „Die Deutsche Schule“ (DDS) sind die zehn Beiträge zusammengefasst, die in der Rubrik „Bildungsforschung – Disziplinäre Zugänge“ in den Jahren 2011 bis 2015 erschienen sind.
Anfang der 2000er Jahre haben viele Länder neue Einrichtungen zur empirisch fundierten Qualitätssicherung schulischer Bildungsprozesse geschaffen. Diese basieren auf externen Leistungsmessungen, Schulinspektionen und systematischem Bildungsmonitoring. Ein neuer institutioneller Akteur wurde etabliert, dessen Rolle zwischen Wissenschaft, Politik, Verwaltung, Öffentlichkeit und Praxis jedoch unklar bleibt. Angehörige des Hamburger Instituts für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung (IfBQ) erörtern im ersten Teil des Bandes Elemente einer Theorie des Bildungsmonitorings und stellen konzeptionelle sowie wissenschaftliche Grundlagen ihrer Arbeitsbereiche vor, darunter die Qualitätssicherung der Schulinspektion und die Planung von Evaluationsvorhaben. Im zweiten Teil beschreiben Wissenschaftler sowie der ehemalige Amtschef eines Kultusministeriums und zwei Schulleitungsmitglieder exemplarisch die „Wirkungen“ des Bildungsmonitorings. Der dritte Teil thematisiert, ob Schulen durch wissenschaftliche Untersuchungen überbeansprucht sind und versucht, die neuen Einrichtungen institutionell zu verorten. Diese sind oft nachgeordnete Dienststellen der zuständigen Ministerien, ihre Aufgaben ähneln jedoch denen von Ressortforschungseinrichtungen. Abschließend wird diskutiert, welche Konsequenzen die „Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Profilierung der Einrichtungen mit Ressortforschungsaufgaben“ für deren Steuerung haben müssten.