Richard Feynman
11. Mai 1918 – 15. Februar 1988
Auch bekannt als: Ofey
Richard Phillips Feynman [ˈfaɪnmən] war ein US-amerikanischer Physiker und Nobelpreisträger des Jahres 1965.
Feynman gilt als einer der großen Physiker des 20. Jahrhunderts, der wesentliche Beiträge zum Verständnis der Quantenfeldtheorien geliefert hat. Zusammen mit Shin’ichirō Tomonaga und Julian Schwinger erhielt er 1965 den Nobelpreis für seine Arbeit zur Quantenelektrodynamik (QED). Seine anschauliche Darstellung quantenfeldtheoretischer elementarer Wechselwirkungen durch Feynman-Diagramme ist heute ein De-facto-Standard.Für Feynman war es immer wichtig, die unanschaulichen Gesetzmäßigkeiten der Quantenphysik Laien und Studenten nahezubringen und verständlich zu machen. An Universitäten ist seine Vorlesungsreihe (The Feynman Lectures on Physics) weit verbreitet. In Büchern wie QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie und Character of Physical Law wandte er sich an ein breiteres Publikum. Sein Charisma und die Fähigkeit, auf seine Zuhörerschaft einzugehen, ließen seine Vorlesungen und Vorträge legendär werden. Seine unkonventionelle und nonkonformistische Art zeigte sich auch in seinen autobiographisch geprägten Büchern wie Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman. Abenteuer eines neugierigen Physikers und Kümmert Sie, was andere Leute denken? In einem gleichnamigen Essay prägte er den Begriff der „Cargo-Kult-Wissenschaft“ (Cargo Cult Science) für eine wissenschaftliche Disziplin, welche zwar der Form genügt, aber den Ansprüchen an den Inhalt nicht gerecht wird. Richard („Dick“) Feynman wurde in Far Rockaway, einem Viertel im New Yorker Stadtbezirk Queens, geboren. Er bezeichnete seine jüdischen Eltern, deren Vorfahren aus Russland und Polen eingewandert waren, als erklärte Atheisten. Seine neun Jahre jüngere Schwester Joan lieferte als Astrophysikerin Beiträge zur Wechselwirkung zwischen Erde und Sonnenwind.Auf Drängen seines Vaters, dem ein Studium verwehrt war, wurde der junge Feynman schon früh in wissenschaftlichem Denken trainiert und – wie er in seinem Buch Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman erzählt – auf den Unterschied einer wirklichen Erklärung und bloßer Namensgebung hingewiesen. Feynman zeigte auch sehr früh technisches Talent: Er war ein Elektro-Hobbybastler und verdiente sich mit der Reparatur von Radios zusätzliches Taschengeld. Sein Talent zeigte sich auch in den naturwissenschaftlichen Schulfächern, wo sein Lehrer den gelangweilten Feynman mit Mathematikbüchern für Fortgeschrittene versorgte. Feynman studierte Physik als undergraduate von 1935 bis 1939 am MIT, die Ergebnisse seiner Bachelor-Abschlussarbeit sind heute unter dem Namen Hellmann-Feynman-Theorem bekannt. Von 1939 bis 1943 besuchte er die Universität von Princeton, wo er Assistent von John Archibald Wheeler wurde. In seiner Dissertation bei Wheeler 1942 entwickelte er auch seine Pfadintegralformulierung der Quantenphysik, wobei er an eine Idee des Nobelpreisträgers Paul Dirac anknüpfte. Während des Zweiten Weltkrieges beteiligte er sich wie viele amerikanische Physiker in Los Alamos am Manhattan-Projekt, dem Bau der ersten Atombombe. Eine seiner Aufgaben war die Organisation der notwendigen umfangreichen numerischen Rechnungen, doch blieb ihm noch genügend Zeit für Streiche, wie er in dem Aufsatz Los Alamos from below berichtet. Er brachte es zu einer wahren Meisterschaft im Öffnen der Dokumentensafes seiner Kollegen. In Los Alamos entdeckte Feynman als eine seiner Leidenschaften das Trommeln (ein bekanntes Foto aus seinen Büchern zeigt ihn mit Bongo-Trommeln), worin er sich während eines Aufenthalts in Brasilien noch verbesserte. Seine spätere Frau Arline Greenbaum lernte er bereits als Teenager kennen, sie kamen sich aber erst nach Ende der High School näher. Als er nach Princeton wechselte, war sie schon schwer erkrankt. Es dauerte jedoch lange, bis die Ärzte die Diagnose einer lebensbedrohlichen Form der Tuberkulose stellten. Er sorgte später dafür, dass sie (inzwischen seine Ehefrau) in einem Hospital nahe seinem Studienort Princeton unterkam. Auch in seiner Zeit in Los Alamos wurde ein Krankenhaus im 100 Meilen entfernten Albuquerque gefunden, wohin Feynman so oft wie möglich per Anhalter reiste. Trotz der schweren Krankheit waren die beiden bei seinen Kollegen als humorvolles Paar bekannt. Seine Frau starb am 16. Juni 1945. Die Geschichte wurde 1996 von Matthew Broderick, der auch die Hauptrolle neben Patricia Arquette verkörperte, als Infinity verfilmt. Nach dem Krieg war er maßgeblich an einer Formulierung der Quantenelektrodynamik beteiligt, die 1947 auf der Shelter Island Konferenz vorgestellt wurde. Sein unmittelbarer Chef in Los Alamos, der Nobelpreisträger Hans Bethe, berief ihn zu seinem ersten Lehrauftrag an die Cornell University im Staat New York, wo er bis 1951 blieb. Danach war er Professor für Theoretische Physik am Caltech in Pasadena (ab 1959 „Richard-Chase-Tolman“-Professur) und blieb dort für den Rest seiner akademischen Laufbahn. Dort widmete er sich intensiv der Lehre, und es entstanden in den Jahren 1961/62 die bekannten Feynman Lectures on Physics, die durchweg einen originellen Zugang beschreiten. Sie entstanden aus einem Projekt zur Reform der Physik-Einführungsvorlesungen am Caltech mit Matthew Sands und Robert B. Leighton. Für seine Leistungen in der Vermittlung der Physik erhielt er 1972 die Oersted Medal der American Association of Physics Teachers. Eine eigentliche Schule hat Feynman allerdings nicht begründet, auch hatte er nur wenige Doktoranden. In den 1950er Jahren wandte er sich der Festkörperphysik zu und untersuchte unter anderem die Suprafluidität (einen makroskopischen Quantenzustand, den man bei tiefen Temperaturen beispielsweise bei flüssigem Helium beobachten kann). Zusammen mit dem Nobelpreisträger Murray Gell-Mann entwickelte er eine neue Formulierung der Gesetze der schwachen Wechselwirkung (Vektor-Axialvektor-Form), die die damals gerade entdeckte Paritätsverletzung beim Betazerfall widerspiegelte.Am 29. Dezember 1959 hielt er am Caltech seine berühmte Rede There’s Plenty of Room at the Bottom (dt. Ganz unten ist eine Menge Platz oder Viel Spielraum nach unten), die von der Nanotechnologie gern als ihre Gründungsschrift angesehen wird. Von 1961 bis 1963 hielt er eine Vorlesungsreihe zur Einführung in die Physik. Die daraus entstandene Lehrbuchsammlung ist inzwischen frei verfügbar und wird beschrieben als "simplicity, beauty, unity ... presented with enthusiasm and insight" (dt. "einfach, schön, zusammenhängend ... präsentiert mit Begeisterung und Einsicht"). Im Jahr 1965 wurde ihm für seine Beiträge zur Entwicklung der Quantenelektrodynamik der Nobelpreis verliehen. Ende der 1960er und in den 70er Jahren arbeitete er an dem Ausbau des Parton-Bildes hochenergetischer Streuprozesse, das heute in die Quantenchromodynamik integriert ist. Dabei akzeptierte er durchaus das Quark-Bild seines Caltech-Kollegen Murray Gell-Mann, als es in den 1970er Jahren experimentell immer besser bestätigt wurde, und war selbst ein Pionier von Yang-Mills-Theorien (nicht-abelschen Eichtheorien), mit denen die fundamentalen Wechselwirkungen heute beschrieben werden: In den 1960er Jahren untersuchte er sie im Zusammenhang mit der Quantisierung der Gravitation. Zur in den 1980er Jahren boomenden Stringtheorie blieb er bis zu seinem Tod skeptisch eingestellt, da sie sich seiner Meinung nach zu weit von experimentellen Vorhersagen entfernt bewegte. 1981 stellte Feynman auf einem der ersten Workshops zum Thema Physics and Computation (Physik und Berechenbarkeit) die Frage Can (quantum) physics be (efficiently) simulated by (classical) computers? (dt.: Kann Quantenphysik wirksam von klassischen Computern simuliert werden?) und kam zu dem Schluss, dass das am besten mit Quantencomputern geschieht, einem heute sehr aktuellen Forschungsgebiet. Sein Interesse für Computer führte auch dazu, dass er technischer Berater in der Firma Thinking Machines von Daniel Hillis wurde, welche die massiv parallele „connection machine“ herstellte. Am Caltech hielt er auch interdisziplinäre Kurse „Lectures on computation“, die später als Buch publiziert wurden. Feynman praktizierte zeitlebens einen unmittelbar seiner physikalischen Intuition folgenden praxisnahen und anschaulichen Zugang zur Physik. Abgehobenen und zu abstrakten Diskussionen sowie schematischem, oberflächlichem Denken begegnete er schnell mit Ungeduld. Viele seiner Beiträge zur Physik übermittelte er nur mündlich in Diskussionen an Kollegen, wo sie Teil der „Folklore“ wurden und oft erst viel später publiziert wurden. In dieser Hinsicht ähnelte sein Verhalten dem von Wolfgang Pauli, dem Physik-Nobelpreisträger von 1945, dessen Motto lautete: „Ich kann es mir leisten, nicht zitiert zu werden.“ 1986 wurde er in die Untersuchungskommission zur Challenger-Katastrophe (Rogers-Kommission) berufen. Bekannt wurde sein öffentlicher Auftritt, in dem er die Folgen von Frost an den Dichtringen der Feststoff-Treibstofftanks mit einem Glas Eiswasser vorführte. Sein von der Mehrheit abweichender Bericht äußerte sich kritisch zur bürokratischen Organisation der NASA. Nur gegen Widerstand wurde sein Minderheitsbericht dem offiziellen als Anhang beigefügt. Feynman hatte gedroht, im Fall der Nichtberücksichtigung seiner Standpunkte öffentlichkeitswirksam aus der Kommission auszutreten. Sein Bericht endete mit der sarkastischen bzw. für die NASA-Verantwortlichen vernichtenden Feststellung: “For a successful technology, reality must take precedence over public relations, for nature cannot be fooled.” (deutsch etwa „Für eine erfolgreiche Technologie muss die Realität Vorrang gegenüber der Öffentlichkeitsarbeit haben, denn die Natur lässt sich nicht zum Narren halten.“)Eine seit vielen Jahren latente Krebserkrankung wurde 1987 akut. Nachdem er sich schon einige Jahre vorher deswegen einer Operation unterzogen hatte, entschied sich Feynman, weitere Behandlungen zu unterlassen. Zwei Wochen vor seinem Tod hielt er seine letzte Vorlesung. Er starb am 15. Februar 1988. Seine letzten Worte waren: „Gut, dass man nur einmal sterben muss, es ist so langweilig.“ Feynman war dreimal verheiratet: Seine erste Frau Arline, geb. Greenbaum, heiratete er 1941, sie starb 1945 während seiner Zeit in Los Alamos an Tuberkulose; mit Mary Louise, geb. Bell, war er von 1952 bis 1956 verheiratet; und seit 1960 mit Gweneth, geb. Howarth; mit ihr hatte er den Sohn Carl und die Adoptivtochter Michelle.