Der Held ist kein Held, sondern eine tragische Figur. Die Heimat hängt ihm wie ein Klotz am Bein, so ist denn das auch sein Name. Camillo Klotz hat unter den gegebenen, offenkundig nicht änderbaren Umständen keine Zukunft. Die Freundin Katja geht weg und verliert sich in der Fremde, er verliert sich an Leute, die der Auffassung sind, dass die Ausländer Schuld seien an der Misere, der man selbst ausgesetzt ist. Klotz steigt aus, als die Flammen lodern und Blut fließt. Er wird nun ebenfalls zum Gejagten. Und auch in der Liebe kehren sich die Verhältnisse: Als Verführter wird er zum Vergewaltiger … Schließlich landet er dort, wo seine polnische Freundin schon lange vegetiert: ganz tief unten. Andreas von Klewitz entwirft ein düsteres Bild einer in Auflösung befindlichen Gesellschaft ohne Wärme. Das Bild muss nicht falsch sein, nur weil es uns auf- und abschreckt.
Andreas von Klewitz Bücher


Das Lied des Polyphem
- 326 Seiten
- 12 Lesestunden
Was macht 'ganz normale Männer' zu Mördern? Wie kann ein gebildeter Mensch, vielleicht selbst Familienvater, fähig sein, andere bestialisch zu töten? Die Prozesse gegen NS-Verbrecher zeigen, dass Eitelkeit, Geltungsdrang, Karrierestreben und Obrigkeitsglauben ebenso zu den 'Triebfedern des Bösen' gehörten wie materielle Überlegungen und Charakterschwäche. Die Motive, die in ihrer Umsetzung grausam waren, sind allzu menschlich. Die Geschichte erzählt von Harald Gerneweg, einem unpolitischen jungen Mann mit musischer Begabung, der zufällig zur SS kommt und als Teil der NS-Vernichtungsmaschinerie im Osten zum Vollstrecker der 'Endlösung' wird. Schicksalhaft verbunden mit ihm ist die Jüdin Anna, seine frühere Schwärmerei, die mit ihrem Vater aus Berlin deportiert wird, das Minsker Ghetto überlebt, zu den Partisanen flieht und schließlich Gerneweg am Erschießungsgraben gegenübersteht. Der Prozess gegen Gerneweg vor einem sowjetischen Militärgericht, in dem Anna als Zeugin auftritt, bringt die beiden Protagonisten erneut zusammen. Der Roman zeichnet das Psychogramm eines Menschen, der trotz Bildung und Erziehung zum Schlächter von Zivilisten wird. Der Autor, ein Kenner der Zeit und der Kriegsverbrecherprozesse, erzählt die Handlung in eindringlicher Spannung und bleibt dabei so nah an der Realität wie möglich.