Februar 1945: Dem Schlossergesellen Franz Schindl ist bewusst, dass die Tage des Tausendjährigen Reiches gezählt sind. Eines Morgens kommt er, der stets die Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit in Person war, zu spät zum Schichtbeginn im Bahnausbesserungswerk. Durch ein Wortgefecht mit dem diensthabenden SS-Wachmann handelt er sich den Einberufungsbefehl an die rasch näherkommende Ostfront ein. Und somit ein Himmelfahrtskommando. Was ist an jenem Morgen vorgefallen? Was war der Grund für die folgenreiche Verspätung? Andreas Schindl, der Enkelsohn des Protagonisten, hat bei seinen Recherchen verschollene Feldpostbriefe und einen jahrelang schwelenden Vater-Sohn-Konflikt entdeckt. Während der eine mithilfe der Solidarität seiner Genossen alles daran setzt, sich und die seinen unbeschadet durch den Irrsinn des Krieges zu bringen, sieht der andere in der Politik des NS-Regimes die einzige Möglichkeit, der Armut des Proletariats zu entfliehen und seinen Kindheitstraum zu verwirklichen. Nach seiner Gefangennahme wird dem verwundeten Großvater die Erinnerung an einen zwischen die Fronten geratenen Bären zum Sinnbild für sein eigenes Schicksal. Einfühlsam und präzise hebt der Autor Familiengeschichte in den Rang literarisch gestalteter Zeitgeschichte: Berührend, weil authentisch, erschreckend, weil aktuell. Alfred Komarek
Andreas Schindl Bücher




Leopold Paur, 1735 in Altenburg bei Horn in ärmlichen Verhältnissen geboren, schafft es als Hofadvokat zu Ansehen und einem gut bürgerlichen Leben. Doch er will mehr: Sein Name soll in die Geschichte eingehen. Als ihn ein geheimnisvoller Klient zur Aufnahme in die Freimaurerei vorschlägt, eröffnet sich Leopold eine neue Welt, in der einander Adelige, Bürgerliche und Geistliche auf Augenhöhe begegnen. In seiner Loge macht er die Bekanntschaft eines aus Südamerika vertriebenen Jesuitenpaters, der von den Indios einen Hinweis auf ein untrügliches Heilmittel gegen die Syphilis mitgebracht hat. Leopold erkennt das wirtschaftliche Potenzial dieser Entdeckung und sieht darin die Gelegenheit, als Humanist Weltruhm zu erlangen und seinen größten Wunsch zu finanzieren: die Errichtung einer Stadt im Traum , in der Menschen jeder Herkunft und Religion in Frieden und Eintracht leben können. Aber der ehrgeizige Jurist hat sich verrechnet ... Die auf historischen Tatsachen beruhende Geschichte ist ein Musterbeispiel für die Utopien der beginnenden Aufklärung.
Was machten Mundwäscherinnen, Schmalzversilberer, Tuchscherer oder Lottokollektanten? Viele unserer Wiener Vorfahren hatten Berufe, die heutzutage nur mehr die wenigsten kennen. Zu finden allerdings sind sie noch immer – in Form von unzähligen Inschriften auf Wiens Grabsteinen. Die passionierten Friedhofsflaneure Andreas Schindl und Bernd Matschedolnig haben die schönsten, kuriosesten und interessantesten Berufsbezeichnungen und Titel aus dem Alten Wien gesammelt. In ihrem stimmungsvoll bebilderten Buch liefern sie nicht nur genau recherchierte kulturhistorische Hintergründe zu den Berufen, sondern auch biografische Details der Verstorbenen und viele amüsante Anekdoten und Skurrilitäten.
Andreas Schindl lässt seinen kritischen, jedoch stets liebevollen Blick, hinter dem man manchmal ein Zwinkern vermutet, über die Weiten und Untiefen dieses Landes schweifen. Das „Neue Nachdenkbuch“ stellt die historischen und aktuellen Erfolge Österreichs, die es oft eigenartigen Wendungen und Wundern verdankt, in einen kulturhistorischen Kontext. Die „mentale Geografie“ spielt bei dieser „anderen Geschichte“ Österreichs ebenso eine Rolle wie die von einem Österreicher erfundene Knautschzone. Auch über die Vorteile der hierorts verbreiteten Schlampigkeit erfährt der Leser einiges. Persönliche Erfahrungen des Autors, der ein geborener und ein „gelernter“ Österreicher ist, bestätigen die Bedeutung der „Vereinbarkeit des Unvereinbaren“, die im Wege der „Verösterreicherung“ als Chance in einem globalisierten Europa gesehen wird. Das besondere Lesegefühl, das sich bei der Lektüre der Essays einstellt, lässt hinter jedem Satz eine – manchmal gut versteckte – leise Liebeserklärung an das Land zwischen den Gedankenstrichen erahnen.