Der neue Gedichtzyklus von Dato Barbakadse verbindet romantische Liebeslyrik mit dem japanischen Musikgenre Enka. Die Gedichte entführen in eine vielschichtige Welt einfacher Menschen und bieten ein emotionales sowie intellektuelles Abenteuer. Nostalgie und metaphysische Spannungen prägen die Sammlung.
Aus dem Georgischen ins Deutsche übertragen von Steffi Chotiwari-Jünger, Maja Lisowski, Benedikt Ledebur und Crauss. Literarische Bearbeitung von Peter Gehrisch
Das Curriculum Vitae des Dichters, der 1966 in Tiflis zur Welt kommt, kann ... Aufschlussreiches vermitteln. Nach der Schule erlernt Barbakadse das Schlosserhandwerk und ist auf diese Weise mit Statik und Mechanik der Metalle befasst, ein Arbeitsgebiet, das ihm eine Basis realen Daseins vermittelt. Noch als Sowjetbürger leistet er zwei Jahre lang seinen Militärdienst (d. h. Unterordnung und Brüte-Station für den eingeschlossenen Geist), dann folgt das Studium der Philosophie, Soziologie und der Alten Geschichte. Der Versuch der Kommunikation mit seinesgleichen, die – selbstredend – seinesgleichen nicht sind, gestaltet sich als weniger lenkbar. So nämlich erfährt er sich als Outcast, entfernt sich für einige Zeit von Haus und Heim, gelangt 2002 nach Deutschland und gründet 2005 das Buchreihenprojekt Öster- reichische Lyrik des 20. Jahrhunderts, dessen Leitung er über- nimmt. Damit stellen sich für Barbakadse (der die wissenschaftliche Laufbahn zugunsten der Dichtung verließ) denkbare Positionen zum Zwiegespräch ein. Peter Gehrisch
Für Dato Barbakadse, der als Dichter sehr auf seine Ansichten und Werte achtet, bedeutete die Abgrenzung vom System den Verzicht auf den moralischen Kompromiss. /.../ Es ist schwer zu sagen, wie die Texte Dato Barbakadses den Leser hätten erreichen können, wenn es den Zerfall der Sowjetunion und die Aufhebung der gültigen sowjetischen Regulierungsformen der Kultur nicht gegeben hätte. Bela Tsipuria
Dichter sollten in den Untergrund gehen und auf Anerkennung sowie Popularität verzichten, um sich von den leichter erreichbaren Surrogaten zu distanzieren. In dürftigen Zeiten sinkt die Zahl der Leser und Dichter, was dazu führt, dass weniger Menschen zwischen poetischem Text und dessen Surrogat unterscheiden können. Die Möglichkeit, Poesie wiederzuerkennen, soll dem Leser gegeben werden, indem der Dichter ihm den Rücken kehrt – oder zumindest seinem eigenen Egoismus und Narzissmus. Nur so kann er den wahren Leser aus der Falle befreien, die er selbst darstellt. Wenn die Zeit reif ist, wird der wahre Leser den Dichter finden und zurückgewinnen, denn er verliert die Poesie nicht, sondern spürt ihren Herzschlag intensiver denn je.
In seinen Gedichten untersucht Dato Barbakadse alltägliche Situationen und reflektiert den Zustand des menschlichen Bewusstseins. Er thematisiert die Befreiung von aggressiven Einstellungen und die Veränderungen durch zwischenmenschliche Berührungen. Barbakadse trennt erotisches und sexuelles Bewusstsein und betont, dass nur die Poesie die tiefere Dimension der erotischen Erfahrung erreichen kann.