Die Untersuchung von Ungleichheit und Verwundbarkeit in einer zunehmend bedrohlichen Welt steht im Mittelpunkt dieses Buches. Jule Govrin analysiert, wie Schulden- und Austeritätspolitiken zu differenzieller Ausbeutung führen, die Menschen ungleich macht. Sie erforscht gelebte Gleichheit als praktikable Realität, die durch Sorge und Solidarität geprägt ist. Anstatt Gleichheit als unerreichbares Ideal zu betrachten, präsentiert sie sie als prekäre, aber notwendige Praxis, die einen Universalismus von unten hervorbringt und die Bedeutung von solidarischen Gemeinschaften betont.
Jule Govrin Reihenfolge der Bücher




- 2024
- 2023
Begehrenswert
Erotisches Kapital und Authentizität als Ware
Begehren und Wert erscheinen auf den ersten Blick als Gegensätze. Während Ersteres auf das Persönliche und Intime abzielt, beschreibt Letzteres die abstrakte Beurteilung. Doch der Gegensatz wird brüchig, sobald wir im Begehren das beständige Auf- und Abwerten anderer entdecken, und im Wert das unablässige, affektgeladene Spiel der Bewertungen. Jule Govrins fulminanter Essay Begehrenswert fragt danach, wie Begehren die wirtschaftlichen Wertordnungen durchdringt und sich ökonomische Bewertungsmuster feinstofflich in soziale Beziehungen und Selbstwahrnehmungen einschreiben – in Semantiken des Selbstwerts, auf der Suche nach Alleinstellungsmerkmalen und unique selling points, um sich von anderen abzuheben. Der Streifzug durch die Gegenwart geht mit Abstechern in die Kapitalismus- und Sexualitätsgeschichte einher, um aufzuzeigen, wie sich Begehren an Waren, Menschen und Werte bindet. Im Dreieck von Wert, Begehren und Authentizität ergründet Begehrenswert die Matrix unserer Gegenwart – und weist zugleich im alle verbindenden Begehren nach anders gelagerten, solidarischen Beziehungsweisen den Fluchtpunkt einer emanzipatorischen Perspektive auf.
- 2016
Sex, Gott und Kapital
Houellebecqs Unterwerfung zwischen neoreaktionärer Rhetorik und postsäkularen Politiken
In der spätkapitalistischen Krise des Begehrens schlägt der libidinöse Leistungszwang in Lustlosigkeit um. Der Glaube an die Verheißungen der sexuellen Liberalisierung erscheint zerrüttet. Dieses Narrativ entfaltet sich im Werk Michel Houellebecqs. Seine Erzählung spinnt das drastische Endzeitszenario als politische Fiktion weiter, in der nach erbittertem Wahlkampf eine muslimische Partei die Regierung antritt. Der Roman ist unlösbar mit dem Schock des Attentats verbunden. Um die Schwellenbewegungen zwischen linken und rechten Politiken im aktuellen Rechtsruck nachzuvollziehen, wird Unterwerfung im angespannten Verhältnis mit den Kundgebungen unter dem Slogan Je suis Charlie und den erzkatholisch geprägten Demonstrationen Manif Pour Tous gegen die gleichgeschlechtliche Ehe betrachtet. Im Zusammenspiel dieser Massenereignisse und Mediendiskurse zeigt sich, wie Sexualität und Rassismus miteinander verschaltet werden, um nationale Identität herzustellen.