Ephraim Kishon
23. August 1924 – 29. Januar 2005
Auch bekannt als: Kishont Ferenc
Ephraim Kishon (hebräisch אפרים קישון), geboren als Ferenc Hoffmann (* 23. August 1924 in Budapest, Ungarn; † 29. Januar 2005 in Meistersrüte, Appenzell Innerrhoden, Schweiz), war ein israelischer Schriftsteller, Theater- und Filmregisseur ungarischer Herkunft. Er gilt im deutschsprachigen Raum als einer der erfolgreichsten Satiriker des 20. Jahrhunderts.
Ephraim Kishon wurde unter dem Namen Ferenc Hoffmann in Budapest in eine ungarisch-jüdische Familie geboren und wuchs dort auch auf. Sein Vater Dezső Hoffmann war Bankdirektor, seine Mutter Erzsébet (Elisabeth), geborene Steiner, vormals dessen Sekretärin. Er hatte eine Schwester namens Ágnes. Sein Urgroßvater soll der „Wunderrabbi“ Immanuel Silberstein gewesen sein. Seine Begabung wurde schon recht früh erkannt. So erlangte er 1940 den 1. Preis des ungarischen Novellenwettbewerbs für Mittelschüler. Wegen der erstmals 1920 in Ungarn eingeführten antisemitischen Gesetze, die den Hochschulzugang von Juden beschränkten und die 1938 verschärft worden waren, war ihm das Studium an einer Hochschule verwehrt, so dass er 1942 eine Ausbildung zum Goldschmied begann. Im Jahr 1944 wurde Ephraim Kishon in das damals zu Ungarn gehörende Arbeitslager Jelšava, heute in der Slowakei, deportiert. Im letzten Kriegsjahr 1945 gelang ihm aus einem Gefangenentransport nach Polen die Flucht. Ein Großteil seiner Verwandtschaft aber kam in den Gaskammern von Auschwitz ums Leben. Seine Eltern und die Schwester Agnes überlebten die Judenverfolgung. 1945 geriet Kishon aus Willkür in einen sowjetischen Gefangenentransport in den Gulag, in den auch viele andere Juden unschuldig gerieten, konnte aber abermals entkommen. Danach studierte er an der Kunsthochschule und Universität Budapest Kunstgeschichte. 1948 machte er sein Diplom als Metallbildhauer (Diplom-Lehrer für Metallskulpturen) und Kunsthistoriker. Auf der Flucht vor der kommunistischen Unterdrückung reiste er gemeinsam mit seiner Frau in einem Viehwagon über Bratislava nach Wien. Von dort wanderte er über Italien im Mai 1949 mit einem Flüchtlingsschiff nach Israel aus. Hier wurde sein Name Kishont – ein Name, den er sich zugelegt hatte, weil er im kommunistischen Ungarn weniger bürgerlich klang – in Kishon geändert (Kis-Hont ist ungarisch für „kleiner Hont“, wobei Kishont ein historisches Komitat im Königreich Ungarn war). Eine Anekdote, die auch in seinen Büchern vorkommt, beschreibt, wie er zu seinem späteren Namen kam: Ein Beamter im Hafen von Haifa stutzte diesen bei der Abwicklung der Einreiseformalitäten kurzerhand auf Kishon. Den Vornamen Ferenc ersetzte der Mann mit der lakonischen Bemerkung „gibt es nicht“ durch „Ephraim“. Bereits 1952 begann er in hebräischer Sprache in der Zeitung Ma’ariv, der größten Tageszeitung in Israel, unter dem Namen Chad Gadja (Aramäisch: „Das eine Lämmchen“) eine tägliche Kolumne zu schreiben. Diese tägliche Glosse betreute er 30 Jahre lang. 1953 wurde sein Theaterstück Der Schützling im Nationaltheater Habimah aufgeführt. 1959 wählte die New York Times sein Look Back Mrs. Lot („Drehn Sie sich um, Frau Lot!“) zum „Book of the Month“. Damit begann Ephraim Kishons internationale Karriere. Die Weltauflage seiner Bücher liegt bei 43 Millionen (davon 33 Millionen in deutscher Sprache). Auf Hebräisch sind ca. 50 Bücher, in Deutsch etwa 70 Bücher erschienen (viele davon sind Zusammenstellungen bereits erschienener Geschichten). Weltweit sind es etwa 700 Bücher in 37 Sprachen. Kishons Filme wurden zweimal für den Oscar nominiert (Schlaf gut, Wachtmeister! und Sallah – oder: Tausche Tochter gegen Wohnung) und seine Filme wurden – neben einer Reihe anderer Auszeichnungen – dreimal mit dem Golden Globe bedacht. Weltweit bekannt ist Kishons meistverkauftes Buch Familiengeschichten. Ein im deutschen Sprachraum sehr bekanntes Werk ist die Bürokratie-Satire Der Blaumilchkanal. Großen Anteil an dem Erfolg im deutschen Sprachraum hat der österreichische Schriftsteller und Theaterkritiker Friedrich Torberg, der bis zu seinem Tod im Jahre 1979 die Bücher Kishons aus dem Englischen ins Deutsche übersetzte. Nach 1979 übersetzte Kishon selbst ins Deutsche oder wurde von Gerhard Bronner übersetzt. Viele Ausgaben von Kishons Büchern sind mit Illustrationen des 1923 geborenen österreichischen Zeichners und Karikaturisten Rudolf Angerer ausgestattet (signiert mit RANG). Im Jahr 1964 gab Kishon mit dem Film Sallah – oder: Tausche Tochter gegen Wohnung, basierend auf einem seiner Werke, sein Debüt als Filmregisseur. Der Streifen wurde von Menahem Golan produziert und wurde als erste israelische Produktion überhaupt für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert. Bis 1986 folgten acht weitere Produktionen, bei denen Kishon als Regisseur beteiligt war. Zielscheibe von Kishons Satiren waren neben den kleinen Ärgernissen des Alltags vor allem die Bürokratie und die große und kleine Politik, speziell die in Israel. Daneben war der Kunsthistoriker Kishon seit seinem Theaterstück Zieh den Stecker raus, das Wasser kocht (1965) ein scharfer Kritiker der modernen Kunst und des dazugehörigen Kunstmarktes. Für die TV-Verfilmung dieses Stückes fertigte Kishon in satirischer Absicht sogar eigene Kunstwerke nach moderner Manier an. In dem Essay Picasso war kein Scharlatan (1985) und später in seinem Buch Picassos süße Rache (1995) vertiefte er, ausgehend von einem angeblichen selbstkritischen Interview Pablo Picassos mit Giovanni Papini, seine Kritik. Wenngleich er dabei an einigen Künstlern wie etwa Joseph Beuys oder Andy Warhol kein gutes Haar ließ, betonte er ausdrücklich, dass er nicht alle modernen Kunstwerke, sondern nur deren Überhöhung durch die Kunstkritik ablehne. Ephraim Kishon empfand es als Ironie der Geschichte, dass er gerade in Deutschland so beliebt ist. „Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in meinen Lesungen Schlange stehen“, hat er gesagt. Den jungen Deutschen gegenüber empfand er keinen Hass. Es gebe keine kollektive Schuld, sondern nur kollektive Schande. Mit seinem Humor habe er zur Versöhnung beitragen wollen. Schach, insbesondere Computerschach, gehörte zu Kishons Hobbys. 1990 wurde ein nach ihm benannter Schachcomputer mit Sprachausgabe, der Kishon Chesster, auf den Markt gebracht. Eine weitere Leidenschaft Kishons galt dem Dreiband-Billard (Karambolage), bei dem er erfolgreich an Wettbewerben teilnahm. Die beiden Sportarten sah er durchaus als verwandt an: Anfang der 1980er Jahre ließ er sich in der Schweiz nieder und lebte abwechselnd in Appenzell und in Afeka, einem Stadtviertel von Tel Aviv. Ephraim Kishon starb am 29. Januar 2005 an einem Herzanfall. Noch am Vorabend seines Todes hatte er den Stuttgarter Nachrichten ein Interview gegeben. Kishon ruht auf dem Trumpeldor-Friedhof in Tel Aviv.2016 wurde im 21. Wiener Gemeindebezirk Floridsdorf der Kishon-Weg nach ihm benannt.