In einem abgelegenen Weiler irgendwo in der französischen Provinz wohnen vier Menschen eng beieinander und erleben trotzdem ganz unterschiedliche Realitäten. Das eine Haus bewohnen Marion und Patrice gemeinsam mit ihrer Tochter Ida, im anderen wohnt Christine, die fast schon wie eine Verwandte zur Kleinfamilie gehört. Sie alle hüten ihr eigenes Geheimnis, zu Marions vierzigsten Geburtstag aber überwinden sie ihre Differenzen und kommen zum Feiern zusammen. Doch schnell wird die seltene Eintracht getrübt, als drei fremde Männer auf dem Hof auftauchen und die Bewohner gefangen nehmen. Was als geselliger Abend geplant war, entwickelt sich zu einer Nacht des Schreckens und eine Spirale der Gewalt setzt sich in Gang. Mit geschärften Sinnen nimmt jede der Geiseln die beängstigenden Geschehnisse auf ganz eigene Weise wahr und wird auf essenzielle Fragen zurückgeworfen: Kann man jemandem vertrauen, ohne seine Vergangenheit zu kennen? Was macht eine Familie wirklich aus und kann nur eine einzige Wahrheit das gesamte Leben verändern? Ein sprachmächtiger Roman, der die Vielschichtigkeit der Zeiten auffächert, aus denen das Leben der Protagonisten besteht, und sich in die biografischen Abgründe jedes Einzelnen stürzt, um mit scharfem Blick fürs Detail die Spannung beim Lesen auf die Spitze zu treiben.
Laurent Mauvignier Reihenfolge der Bücher
Laurent Mauvigniers Romane bemühen sich, die Realität abzubilden und gleichzeitig das Unaussprechliche und die Grenzen des Sagbaren zu konfrontieren. Seine Worte versuchen, Abwesenheit und Kummer, Liebe und Mangel zu artikulieren, und streben danach, das zurückzuhalten, was durch die Finger und durch die Jahre rinnt. Mauvignier ist für seinen einzigartigen literarischen Stil bekannt, der sich mit den tiefen Abgründen menschlicher Emotionen und Erfahrungen befasst und das Unaussprechliche der Existenz erforscht.






- 2023
- 2023
Zu Beginn scheint es ein alltägliches Familiendrama. Bernard – Mitte 60, Alkoholiker, mittellos und im Dorf verschrien – schenkt seiner Schwester Solange eine goldene Brosche zum Geburtstag. Doch woher hat er das Geld? Die Verdächtigungen schlagen in Aggression um, und Bernard seinerseits lässt seine Wut an den algerischen Nachbarn aus. Nur sein Cousin Rabut, mit dem er Jahrzehnte zuvor in Algerien stationiert war, kennt die entsetzlichen Gründe dafür. Er teilt seine Erinnerungen an ungelebte Liebesgeschichten und an Hitze, Gewalt und Verzweiflung im felsigen Hochland, wo völlige Sinnlosigkeit und blanke Brutalität sie verstummen lassen. Es gibt keine Worte für das, was sie dort sehen und tun, für das Grauen des Krieges. Auch vierzig Jahre später nicht. Von diesem Schweigen handelt der Roman: vom kollektiven wie innerfamiliären Schweigen. Mauvignier umkreist die historische und die individuelle Wahrheit seiner Figuren in kunstvoll geflochtenen, atemlosen Sätzen, seine Bilder sind nachdenklich und genau, seine Fragen bleiben offen.
- 2016
Unterwegs – in ein neues Leben? Sie alle sind unterwegs, suchen etwas, was sie zu Hause nicht finden: Liebe, Bestätigung, das Besondere, einen Neuanfang, Arbeit. Ein Paar auf Hochzeitsreise zu den Niagarafällen, zwei Freunde auf Safari in Afrika, ein Psychoanalytiker mit seiner Geliebten in Rom, Herr Arroyo von den Philippinen auf Arbeitssuche in Dubai, Salma aus Chile will sich in Israel engagieren. Alle haben ihr eigenes Schicksal vor Augen, als in Japan im März 2011 ein Tsunami die Küste überrollt. Mit genauem Blick erzählt Mauvignier von Touristen, Migranten, Glückssuchern, über uns und unsere Zeit – im Schatten einer Katastrophe.
- 2013
Nach einer wahren Begebenheit Ist ein Leben mehr wert als eine Dose Bier? Ein junger Mann betritt einen Supermarkt, nimmt aus einem Regal eine Dose Bier, öffnet sie und beginnt zu trinken. Schnell umzingeln ihn vier Wachleute und führen ihn in einen Lagerraum. Sie bezichtigen ihn des Diebstahls, beginnen auf ihn einzuschlagen, so lange, bis er stirbt. Laurent Mauvignier beschreibt diesen tatsächlich geschehenen Vorfall in einer drängenden Erzählung mit immenser Kraft. Aus verschiedenen Perspektiven blickt er auf Täter und Opfer, macht das Ungeheuerliche der Tat spürbar. Ein beeindruckendes Buch über die Gewalt in unserem Alltag, über unsere Gesellschaft, über unsere Zeit.
- 2011
Und wo ist deine Wunde? Ein Wintertag in einer Kleinstadt in Frankreich. Solange feiert ihren 60. Geburtstag. Als ihr Bruder Bernard, der Trinker, ihr eine goldene Brosche überreicht, werden schnell Stimmen laut: „Woher hat er das Geld?“ Bernard wurde sehr jung in den Algerienkrieg eingezogen, verlor danach bald jeden Halt. Die Missgunst der Feiernden bringt ihn auf und er beginnt, Said, einen Araber, zu beschimpfen und seine Familie zu bedrohen. Bezwingend erzählt Mauvignier von einem Leben, das der Krieg zerstört hat. • Der Roman wird von Patrice Chéreau (›Intimacy‹) verfilmt • Nominiert für den Prix Goncourt
- 2004
Die Geschichte einer Frau, die sich selbst betrügt oder über die Vergeblichkeit großer Gefühle Der schreckliche Unfall hat alles verändert. Jetzt ist er wieder bei ihr zu Hause, er kann nicht aus dem Bett. Vorbei sein werden nun sein Haß und die stille Verachtung, vergessen seine Geliebte, zu der er ziehen wollte, vorbei auch die unendlich einsamen Nachmittage, die Abende und Nächte, in denen sie auf seine Heimkehr gewartet hat. Jetzt ist er vollständig auf sie angewiesen, jetzt wird er schon merken, was er an ihr hat. Voller neuer Energie nimmt sie das Heft in die Hand, füttert ihn, wäscht seine Wäsche, registriert seine noch wortlose Demut. Eines Tages wird er sie wieder anlächen, mit all der Kraft ihrer Verzweiflung glaubt sie daran, daß das Lächeln kommen wird, kommen muss. Liebend legt sie Schlinge um Schlinge ihrer Zuneigung um ihn. Und sie ist sich sicher: Irgendwann wird sie ein Ende finden, ihre Angst vor dem Verlassen, und seine Sehnsucht nach dem anderen Leben, die sie nicht versteht. Mit ungeheurer literarischer Wucht und Dichte, einfühlsam aber ohne Sentimentalität, verwandelt Laurent Mauvignier das Drama einer sich selbst belügenden Frau in einen Roman, der durch Aufrichtigkeit besticht.
- 2001
Fern von euch
- 120 Seiten
- 5 Lesestunden
Das war so eine Art Schrei, mir hat's fast die Kehle zerrissen, ich wollte es ja unterdrücken, dieses Lachen. Gilbert hat mitgelacht, als ich gesagt hab, er sei ein Blödmann mit seinen Witzen, das sei jetzt wirklich nicht der Moment, und dann kam mir der Gedanke, daß Marthe mich von drinnen hören kann, wie ich gelacht hab. Darum hab ich zum Fenster geschaut, und ich hatte Angst, daß ich sie dort hinter dem Vorhang seh, ich hatte Angst vor der Trauer bei ihr, und ich wollte, daß es sie nicht gibt. Irgendwie, ich weiß nicht, wollte ich, daß Marthe gar nicht dasein kann, daß es dieses Häufchen Elend gar nicht geben kann. Auch das sollte es nicht geben können, diesen Spiegel von meinem Leben in ihrem Gesicht, dieses Spiegelbild von dem, was man nun zu tragen hat und immer in diesem vertrauten Gesicht stehen wird, von dem ich noch vor kurzem gedacht hab: dem sieht man an, daß sie sich ihre Träume bewahrt hat, die Marthe, und dann das Vertrauen, und diese Zärtlichkeit immer zwischen uns, immer, auch wenn mal Flaute war, wenn beim anderen täglich etwas abgeblättert ist vom Glanz, in dem man ihn einmal gesehen hat. Mir wäre am liebsten gewesen, daß sie gar nicht da ist. Daß ich das allein trage, und daß ich mir wenigstens etwas vorlügen kann und mir Geschichten erzählen und mich kaputtlachen, daß ich sagen kann wie einer, den das überhaupt nicht juckt: In der Zeitung steht ein Bus mit Japanern ist umgestürzt und drei sind tot was du nicht sagst doch doch echt, und darüber blödeln und sagen so was passiert eben mal und sagen die hat's erwischt, darüber reden wie über einen Unfall ir-gendwo, nur so tun als würde man es schlimm finden und einzig davor Angst haben daß einmal so was passiert und jemand von meiner.