Eine kryptische Abschiedsnotiz, ein ausgeräumter Kleiderschrank, eine leere Betthälfte. Ende. Tags zuvor schien die Beziehung zwischen Marga und Andi noch in Ordnung zu sein – zumindest für Andi. Bar jeder rationalen Erklärung, entwirft der verwirrte Andi ein ganzes Arsenal von Strategien zum Vergessen. Denn Vernunft ist für den Enthüllungsjournalisten das oberste Prinzip im Leben. Als er von seiner Zeitung den Auftrag bekommt, über eine Gruppe gläubiger Protestanten zu recherchieren, verkompliziert sich Andis Situation. Denn es stellt sich plötzlich die Frage: Ist Gott hinter ihm her? Und wendet sich dadurch alles zum Guten? Voller Ironie und Humor erzählt Dan Lungu über die Widrigkeiten der Emotion, der Verdrängung und der Flucht in neue Lebenshaltungen. Verstörend und amüsant, fiebernd vor existenzieller Unruhe.
Dan Lungu Bücher
Die Werke dieses Autors zeichnen sich durch tiefgehende soziologische Einblicke aus, die auf einem akademischen Hintergrund in diesem Fachgebiet beruhen. Ihr Schreiben befasst sich intensiv mit der menschlichen Psyche und gesellschaftlichen Strukturen, wobei oft innovative Erzähltechniken zum Einsatz kommen. Der literarische Wert ihrer Prosa wird hoch geschätzt und regt die Leser zu tiefgründigen Reflexionen über die gegenwärtige Welt an. Über akademische Kreise hinaus hat ihre unverwechselbare Perspektive bedeutende Anerkennung für ihren einzigartigen literarischen Beitrag erfahren.




Vor zehn Jahren trat unter dem Namen Club 8 eine Gruppe junger Autoren aus der moldawischen Stadt Iaşi mit dem Vorsatz an, einen frischen Ton in die rumänische Literatur hineinzutragen und gegen den von Bukarest dominierten Literaturbetrieb aufzubegehren. Einer ihrer Wortführer, dessen Schreiben auch außerhalb des Landes auf immer größeres Interesse stößt, ist Dan Lungu. In seiner Kurzprosa-Sammlung Klasse Typen treten uns meist Männer und Frauen mittleren Alters entgegen. Den wilden Jugendjahren, in denen sie der Trostlosigkeit des Ceauşescu-Sozialismus mit anarchischem Nonsense und Alkoholexzessen getrotzt haben, sind sie entwachsen, aller Wende-Illusionen beraubt. Vom Leben versehrt, plagen sie sich mit den Auswirkungen eines Protokapitalismus ab, der nur zwei Sorten von Menschen unterscheidet: Gewinner und Versager. Ihre Referenzen beziehen diese Kumpanen von einst aus der Welt der Comics und Telenovellas, was sie von sich geben, ist trivial, witzig, großmäulig, vulgär. Sie reden unentwegt, einer mit dem anderen, mit sich selbst oder gegen eine Wand. Als könnten sie, indem sie den Redestrom nicht abreißen lassen, die Kälte und Leere bannen, die sie umgibt und von innen auszuhöhlen droht. Und auf einmal werden sie uns fast sympathisch, diese launischen Antihelden des Alltags.
ZEHN JAHRE NACH DEM STURZ der Ceausescu-Diktatur stehen Neuwahlen an. Die Rentnerin Emilia Apostoae, die den größten Teil ihres Lebens unter dem Regime der „Volksmacht“ verbracht hat, erhält einen Anruf von ihrer nach Kanada emigrierten Tochter Alice: „Wähle ja nicht die Kommunisten“. Dieses Telefonat und die folgenden Diskussionen stürzen Emilia in eine Identitäts- und Nostalgiekrise und sie erinnert sich wehmütig an eine Zeit, in der alles perfekt schien (aber gar nichts stimmte). Nach und nach verwebt die „Rote Babuschka“ den problematischen Alltag des heutigen Rumänien mit dem Alltag der Vergangenheit und geht sich dabei selbst auf den Leim. Mit Bauernschläue und Mutterwitz schlagen Dan Lungus Figuren den absurden Auswüchsen des Lebens ein Schnippchen. Und wie schon das international erfolgreiche „Hühnerparadies“, ist „Die Rote Babuschka“ von großer Fabulierlust und feiner, hinterlistiger Ironie geprägt. Doch es ist mehr als die Geschichte einer einfachen, energischen, alten Frau. Es ist das Museum des täglichen Lebens in einem totalitären Regime, eine Sammlung politischen Humors und eine Geschichte mit einem überraschenden Ende.
WAS SPIELT SICH ALLES IN EINER RUHIGEN STRASSE am Rande einer postkommunistischen Provinzstadt ab? Sie werden staunen, so einiges – zumindest in den Köpfen der Einwohner. Entweder pensioniert oder arbeitslos, verbringen die Bewohner der Akazienstraße ihre Zeit zumeist in der Kneipe „Zerknautschter Traktor“, denn das Klatschbedürfnis blüht. In ihrem Leben am Rande der Geschichte wird der „Zerknautschte Traktor“ zum Dreh- und Angelpunkt der Gerüchteküche. Dort wird eine Serie merkwürdiger Ereignisse kommentiert, dort werden fantasiereiche Zukunftspläne geschmiedet. Was verbirgt sich hinter den Gemäuern des Hauses des Obersts? Wie macht man mit Erdwürmern Geld? Diese und viele andere Fragen gilt es zu beantworten, und im Zuge der Konversation verflüchtigt sich auch schon die Realität. Zwischen den Gespenstern der Vergangenheit und dem Phantom der Zukunft entsteht eine neue Welt, die ihren eigenen Gesetzen gehorcht. Mit dem Hühnerparadies ist Dan Lungu ein Roman gelungen, der durch Humor, Eleganz und Vitalität besticht.