Adriana ist Borderline-Patientin, sie verhält sich herausfordernd, aggressiv und neigt zur Selbstverletzung. Simon leidet an Depressionen, er sollte schleunigst seinen Job kündigen, kann sich aber nicht dazu entscheiden. Der achtjährige Adil spricht seit dem Tod seiner Mutter nicht mehr, was seinen Vater sehr zermürbt. Sie alle sind Klienten der Psychotherapeutin Tina Korn. Aber auch Tina Korn hat etwas erlebt, das sie aus der Bahn geworfen hat, und sie verliert infolgedessen mehr und mehr die Kontrolle über ihr Leben. Während sie sich von ihrer Partnerin Martha zurückzieht, sucht sie in Klientin Adriana eine ebenso unpassende wie instabile Verbündete. Als ihr Klient Simon einen Selbstmordversuch unternimmt, gibt sich Tina die Schuld daran. Die notwendige Konsequenz scheint offensichtlich zu sein: die eigene Praxis schließen und sich selber Hilfe suchen. Wo aber findet diejenige Hilfe, die den Glauben an den Erfolg des Helfens verloren hat? Lisa Mundts fesselnder Debütroman zeigt mit sprachlicher Präzision und psychologischer Tiefgründigkeit, was es bedeutet, anderen zu helfen, wenn man sich selbst nicht mehr zu helfen weiß. Meisterlich pointiert führt die Autorin durch die inneren Landschaften und Beziehungen der Figuren und erschafft damit ein atmosphärisches Kammerspiel, das in den Bann zieht.
Lisa Mundt Bücher


Die Enkelin besucht während ihres Urlaubs das österreichische Dorf, in dem ihr dementer serbischer Großvater lebt. Was als beschaulicher Familienbesuch beginnt, wird schnell zu einer verstörenden Reise in die Vergangenheit. Die Enkelin und ihre Schwester treffen auf ihren Großvater, der von ausländischen Pflegekräften betreut wird. Während die Schwester ihn als unausstehlich empfindet, ist die Enkelin geduldiger und findet mehr Zugang zu ihm, was auch mit ihrer Affäre zu einem verheirateten Nachbarn zusammenhängt. Der Roman behandelt weit mehr als nur den Großvaterbesuch; er thematisiert den unverarbeiteten Verlust der Mutter und die psychosomatischen Schmerzen, die die Enkelin seitdem begleiten. Ihr serbischer Hintergrund und die Migrationserfahrungen der vorherigen Generationen spielen eine zentrale Rolle. Rassistische Strukturen im Dorf und in ihrer eigenen Lebensgeschichte erschweren die Beziehung zu ihrem Großvater. Die Enkelin erkennt, dass sie sich moralisch und persönlich nicht einfach von seinen problematischen Seiten abgrenzen kann. Der Roman thematisiert transgenerationales Trauma, Care-Arbeit, gesellschaftliche Ungleichheiten aufgrund von Migration und Klasse sowie weibliches (Körper-)Erleben im Kontext unverarbeiteter Verluste. Die Enkelin muss sich mit ihren eigenen Erfahrungen auseinandersetzen, was ein schmerzhafter, aber notwendiger Prozess ist.