Die Hardcover-Ausgabe gehört zur Reihe TREDITION CLASSICS des Verlags tredition aus Hamburg, die Werke aus über zwei Jahrtausenden neu auflegt. Ziel ist es, Klassiker der Weltliteratur in gedruckter Form zu bewahren und die Kultur zu fördern, damit sie nicht in Vergessenheit geraten.
Elisabeth von Heyking Bücher






Ille mihi
- 420 Seiten
- 15 Lesestunden
Die Großdruckschrift bietet eine verbesserte Lesbarkeit und ist besonders für Menschen mit Sehschwäche geeignet. Diese Reproduktion des Originals ermöglicht es, die Inhalte in einem klaren und deutlich lesbaren Format zu genießen. Ideal für Leser, die Wert auf eine komfortable Leseerfahrung legen.
Klassiker aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, , Sprache: Deutsch, Abstract: Erstmalig erschienen 1921. Auszug: Von den Bergen herab kam ein kleiner Quell der Wanderin bewillkommend entgegengerieselt, und wo er in die Erde gesickert, war sie grün geworden von zarten Farren und bunt von zahllosen wilden Blumen. Nun erblickte die Reisende die unteren Umfriedungsmauern des weiten Tempelgebietes. Dahinter, zwischen dunkeln Baumkronen, funkelten goldgelb, saphirblau und malachitgrün die Kacheldächer der Türme und Hallen, der Tore und Klöster. Höher und höher ansteigend, erhoben sie sich längs des dichtbewaldeten Abhangs, leiteten den Blick hinauf zu des Berges Spitze. Dort thronte, einer Perlenkrone gleich, eine schneeweiße Pagode, schimmernd gegen den türkisfarbenen Himmel. Eines Zauberers Gaukelspiel dünkte dies Bild die fremde Frau, nach der langen Reise, dem Lärm der Stadt, der Hitze der Ebene. Wonniglich still war es. Der Mafu war abgestiegen, hatte die Zügel seines Pferdes um den Hals einer der riesigen Steinschildkröten geschlungen, die unter knorrigen Bäumen zu beiden Seiten des Eingangstores seit Jahrhunderten Wache stehen. Nun half er der Reisenden, die sich aus dem Sattel herabgleiten ließ.
Aus dem Lande der Ostseeritter
Aus: Zwei Erzählungen
Klassiker aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, , Sprache: Deutsch, Abstract: Auszug aus dem Text: In Livland, auf ihrer Eltern Gut, Burkahnen, ward Komteßchen Dorothee, wie der Grafenkalender kündet, um 1820 geboren. In völliger Weltabgeschiedenheit wuchs sie dort auf, als einziges Kind. Das Herrenhaus in Burkahnen war ein ganz altes Gebäude, das ursprünglich seinen Anspruch auf besonderen Stil erheben konnte, aber Dorothees Großeltern hatten es im klassizistischen Geschmack jener Tage neu herrichten lassen. Die Hauptfassade war mit einem griechischen Giebel und dorischen Säulen geschmückt worden, und zu beiden Seiten der großen Haustür hatte man in die dicke Mauer Nischen eingehauen, in denen nun hohe dreifüßige Opferschalen standen. Dinge, die sich zu wundern schienen, wie sie in die nordische Umgebung hineingeraten waren. Es war ein stillverträumtes Haus, darin es überall nach Lavendel roch, und alles hatte etwas Geheimnisvolles. Wenn man plötzlich in ein Zimmer trat, knisterte es ganz leise in den alten Tapeten, als hatten die sich eben eine Geschichte erzählt und hielten nun erschrecken inne. Es gab da Stuben mit Friesen, die, in Anlehnung an Thorwaldsen, weiße Figuren auf blaßblauem Grunde wiesen, und andere, die mit alten verblichenen Kattunen bespannt waren. Zierlich steife Empiremöbel standen an den Wänden, gerade und spärlich verteilt, die Schreibtischchen hatten viele geheime Schubfächerchen, aber der Platz zum Schreiben war ganz klein und offenbar nur für winzige Billettchen berechnet. Und erstaunlich viel Kartentische gab es in dem Hause, auf denen Préférence und L'hombre gespielt wurde. Der merkwürdigste Raum aber war ein großer ausgemalter Saal. Ein Vorfahre von Dorothee, der von einer Reise nach Italien die dauernde Sehnsucht nach Sonne und Süden heimgebracht, hatte hier, nach seiner Rückkehr, eine Reihe italienischer Landschaften auf die Wände zaubern las
Elisabeth von Heyking: Ille mihi. Roman Erstdruck: Berlin, Verlag von Gebrüder Paetel, 1912. Neuausgabe mit einer Biographie der Autorin. Herausgegeben von Karl-Maria Guth. Berlin 2020. Der Text dieser Ausgabe wurde behutsam an die neue deutsche Rechtschreibung angepasst. Umschlaggestaltung von Thomas Schultz-Overhage. Gesetzt aus der Minion Pro, 11 pt.
Klassiker aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, , Sprache: Deutsch, Abstract: Erstmalig erschienen 1921. Auszug: Auch die größten Reiche der Welt sind klein, will man sie messen am unermeßlichen Raume. - Paquitos Reich aber war besonders klein. Es bestand nur aus einer offenen Kiste, auf deren einer Seite in halb verwischten, schwarzen Buchstaben die Worte Pommery Grenö zu lesen waren. Diese Kiste, die einst ein Schiff über das große Meer nach Mexiko gebracht, und deren Inhalt frohen Wahn spendender Schaum gewesen, war zur Wohnstätte eines Atoms des großen menschlichen Elends geworden; in ihr verbrachte Paquito seine Tage. Ein verkrüppeltes Kind war Paquito. Eine Zusammensetzung von lauter zu viel und zu wenig; ein völlig mißlungenes Stück des Menschen formenden Töpfers. Zwischen den Schultern saß ihm ein Höcker und seine Brust sprang spitz vor, von den Hüften an aber war überhaupt wenig mehr von Paquito vorhanden - ein Fetzen Decke verhüllte diesen Teil des mißratenen Werkes. Das einzig Schöne an dem ganzen Mißgebilde waren seine Augen. Schwarz und unendlich tief, blickten sie träumerisch, als schauten sie zurück in weite Fernen uralten Unrechts; fragend war oft ihr Ausdruck, als sähen sie ein Rätsel und flehten um eine Antwort, die Befreiung brächte. Das Rätsel, das die Kinderaugen gewahrten, hieß: Woher, wohin, wozu? Und hätte es unter den Menschen, die mit Paquito einen der armseligen Höfe der Stadt bewohnten, solche gegeben, denen die äußeren Erscheinungen Anlaß zur Grübelei über Ursache und Endzweck bieten, so wäre des Kindes Anblick so recht dazu angetan gewesen, diese Fragen in ihnen hervorzurufen. Aber Don Eusebio und Donna Guadalupe, Paquitos Onkel und Tante, waren träg veranlagte Menschen, die überhaupt wenig dachten und nie den Wunsch empfunden hatten, dem Rätsel näher zu kommen, das hinter jeder Existenz liegt. Donna Lupe erschien es höchst einfach, woher Paquito gekommen. Er war eben der Sohn ihrer Schwester - und die Geschichte dieser Schwester war auch wiederum höchst einfach.
Klassiker aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, , Sprache: Deutsch, Abstract: Auszug aus dem Text: Ende Juli war Großmamas Geburtstag. Da pflegten sich die drei Enkel, denen sie seit vielen Jahren Vater und Mutter ersetzt hatte, um sie zu versammeln. Der älteste kam aus seiner Garnison, wo er als Leutnant in einem Kavallerieregiment stand, und auch der zweite, der Marineoffizier war, wußte es meist einzurichten, daß er in der Zeit Urlaub erhielt. Der jüngste aber bekam für diesen Tag Ferien aus seinem benachbarten Internat, denn Großmama galt in der ganzen Gegend, wo sie so lange angesessen war, schon ihres hohen Alters halber, als etwas ganz Besonderes, da erwies ihr sogar der knurrige Direktor gern eine besondere Artigkeit. Auf dem Schloß, wo Großmama seit vielen Jahren lebte, und wo die Enkel ihre ganze elternlose Kindheit verbracht hatten, wurde der Geburtstag alljährlich gefeiert. Die rundungsreiche Mamsell, die so aussah, als bestände sie aus lauter einzelnen festgestopften Kissen und Kißchen, mußte dafür Berge von belegten Brötchen richten und außer der eigentlichen Geburtstagstorte noch viele Kuchen backen, denn eine Menge Gratulanten pflegten zu kommen, und allen wurde ein Imbiß vorgesetzt. Die Postboten stiegen an dem Tage gar oft den steilen Weg zum Schloß hinauf mit Stößen von Briefen und Telegrammen. Auch Schachteln brachten sie, denen der Gärtner große Sträuße von Blumen entnahm die kamen von Freunden Großmamas aus Städten, und sie mußten dort wohl etwas Künstliches angenommen haben, denn sie rochen anders als die Blumen im Garten. Der feierlichste Moment aber war der Kirchgang in die Schloßkapelle, denn auf welchen Tag Großmamas Geburtstag auch immer fallen mochte, es war doch jedesmal, als ob es Sonntag sei. Die Schloßkirchenglocke läutete, der alte Pastor und der alte Kantor kamen aus dem Dorf herauf, und es wurde ein richtiger Gottesdienst gehalten. Alle Jahre hatten das die Enkel erlebt, und schon als sie noch ganz klein gewesen, hatten sie an den Tage mit in die Kirche gedurft. In der Loge saßen sie artig auf den hohen roten Damaststühlen, standen auf, sangen, setzten sich wieder alles genau wie Großmama es tat.
Klassiker aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, , Sprache: Deutsch, Abstract: Erstmalig erschienen 1921. Auszug: Zu den indischen Bergen, wo sie einst glücklich gewesen, hatte es sie zurückgezogen. Oftmals war ihr im Traum die ferne indische Sommerstadt erschienen, die, einem riesigen Wespennest gleich, an der Bergwand zu hängen scheint und aus kühler Höhe herabschaut auf die endlose, in der Hitze dampfende Ebene tief unten. Nun, nach Jahren, war die einsame Frau wieder dort oben. Aus dem lärmenden, dünnwandigen Hotel mit den wackligen Holzveranden, wo sie, nach der langen Postfahrt bergan, abgestiegen war, trat sie bald wieder hinaus und schritt durch die winklig gewundenen Gäßchen des Bazars. Es war da alles wie früher, und, wie so oft im Traume, erkannte sie es nun in der Wirklichkeit wieder. Da waren die glatten, geschmeidigen Händler aus Delhi, die schimmernde Goldstickereien und glitzerndes Geschmeide in elenden Buden feilbieten; die feierlichen Kaschmirioten, die ihre Warenballen aufrollen und alte Schals ausbreiten, deren Farben wie bunte Kirchenfenster glühen; die Holzschnitzer, die in offener Werkstatt immer wieder die gleichen durchbrochenen Wandschirme anfertigen. Kameele, in langer Reihe, zogen noch wie einst mit wiegendem Nicken der würdevollen Köpfe durch die Straße; neben ihnen afghanische Karawanentreiber mit grünem Turban und rotgefärbten Bärten. Unverändert waren auch die fetten bengalischen Babus mit ihren Imperatorenköpfen dekadenten Zeitalters, ihren togaartigen Gewändern, weißen Socken an nackten haarigen Beinen, schwarzen Zugstiefeln und baumwollenen Regenschirmen. Alles so unverändert, als müßten es noch dieselben Menschen, dieselben Tiere sein, die sie hier vor Jahren gesehen!