Gerold Späth Bücher
Gerold Späth war ein Schweizer Schriftsteller, der in eine Orgelbauer-Dynastie hineingeboren wurde. Seine frühen Werke, darunter sein Debütroman von 1970, spielen häufig in seinem Heimatort Rapperswil, einer Stadt, die er als den Raum bezeichnete, in dem seine Geschichten leben. Späth wurde zu einem produktiven Autor von Romanen, Erzählungen, Hörspielen und Theaterstücken. Sein Schreiben schöpfte oft aus seiner Herkunft und bot durch seine literarischen Schöpfungen eine unverwechselbare Perspektive auf die Welt.






Balzapf oder Als ich auftauchte. Roman
- 437 Seiten
- 16 Lesestunden
Johann Ferdinand Unschlecht, »stieläugig und kleinköpfig, grossohrig und fischmaulig, haarsträhnig und nicht sehr schlau« erbt ein Vermögen samt Insel im See. Das weckt Begehrlichkeiten bei den Rapperswiler Herrschaften: Der bauernschlaue Stadtpfarrer Ochs, der Fischefreund Pankraz Buchser oder sein einstiger Vormund Xaver Rickenmann versuchen, den beschränkten Neureichen um hübsche Summen zu erleichtern. So wird der gutmütige Tölpel zum Durchlauferhitzer für zahllose kuriose Geschichten und Begebenheiten. Er entzieht sich durch Flucht ins Ausland, um schließlich gescheit und gerissen geworden, als Maximilian Guttmann wieder aufzutauchen. Unschlecht ist ein zeitloses Meisterwerk an Sprachkraft, Fabulierfreude und Sinnlichkeit. Der Schelmenroman, 1970 erschienen, war Gerold Späths furioses Debüt. Mit dem Provinznest Rapperswil am Ufer des Zürichsees schuf Späth einen literarischen Ort, der immer wieder zum Universum seines zupackenden und aus- schweifenden Erzählens wurde.
In seinem Roman beschreibt Gerold Späth eine Familienhölle. Vier in sich geschlossene Kapitel schildern jeweils einen Tag aus dem Leben eines Mitglieds derselben Familie, der anders verläuft als alle übrigen Tage. Der Vater begeht einen sexuell motivierten Affektmord, die Mutter besinnt sich ihrer lange unterdrückten lesbischen Neigung, die Schwiegertochter gibt sich einem Callboy hin, der Sohn begeht Selbstmord. Mit der ihm eigenen sprachlichen Präzision deckt Späth den Abgrund unter der Oberfläche eines scheinbar geordneten bürgerlichen Lebens auf, die verborgenen Ängste, die uneingestandenen Wünsche und Begierden. Indem er die Einheit von Ort, Zeit und Person zu wahren versteht, vermag er am Modell dieser Familie die bis ins Tragische gesteigerte Entfremdung in den zwischenmenschlichen Beziehungen sichtbar zu machen.



