Hans-Henning Paetzke, geboren 1943 in Leipzig, absolvierte eine Schauspielausbildung, bevor er in Halle, Budapest und Frankfurt am Main klassische Philologie, Germanistik und Psychologie studierte. Seit 1968 ist er freiberuflich als literarischer Übersetzer, Herausgeber und Autor tätig. Hans-Henning Paetzke lebt in Budapest.
Hans-Henning Paetzke Bücher





Andersfremd
Roman
Berichtet wird vom Überleben unter widrigen Umständen, von sozialistischen Volksbeglückungsphantasien aus dem Blickwinkel des kleinen Mannes, der sich trotz Gefängnis und anderen Widrigkeiten nicht unterkriegen lässt. »Hans-Henning Paetzkes Prosa ist ein anekdotenhaftes Sinnieren über das grausame 20. Jahrhundert. Das Merkwürdige und Einzigartige daran ist eine komplexe Einbettung des autobiographischen Stoffs in die Historie und Literatur der mitteleuropäischen Landschaft, wodurch eine Art privater, ja, intimer Chronik entsteht.« György Dalos
In Seelenrisse begegnet der Leser, sofern er die beiden ersten Teile der „Blendwerk”-Trilogie (Die gelöste Zunge und Versucher und Versuchte) kennt, einem alten Bekannten: Leo Kleinschmidt. Nachdem der Autor die Jugend seines Alteregos in der DDR der 1960er Jahre (Haftarbeitslager, Gefängnis, Gelegenheitsarbeiten, marginalisierte Theater- und Künstlerwelt, zahlreiche Liebesabenteuer) und hernach sein Budapester Exil während der konsolidierten Kádár-Ära (mit den letzten Mohikanern einer zerstörten bürgerlichen Welt)literarisch aufgearbeitet hat, ist nun zu erfahren, wie der Romanheld das denkwürdige Wendejahr 1989 erlebt hat, nämlich als eine leidenschaftliche Liebe zwischen Polen und Deutschland. Leo Kleinschmidt, der seinen Sohn bei einem Verkehrsunfall verloren hat und dessen Ehe vor allem deshalb in eine nicht zu bewältigende Krise geraten ist, erblickt einen Ausweg daraus in seiner Liebe zu Teresa, die gleichfalls in einer als unglücklich empfundenen Beziehung lebt, zwei kleine Kinder aufzieht, eines aus erster und eines aus zweiter Ehe. Ihr Mann, der offenen Beziehungen das Wort redet, will von Scheidung nichts hören, zumal sie im katholischen Polen seiner Karriere schaden könnte. Und die junge Frau will ihre Kinder natürlich nicht verlieren. Eine komplizierte und dramatische Situation, in der die Lebensenergien und die Opferbereitschaft das verliebten Leo Kleinschmidt immer mehr in Anspruch genommen werden. Vorübergehend nimmt die Liebe des deutsch-polnischen Liebespaars an Intensität zwar noch zu, doch dann zeigt sich, wie seine Liebe, obwohl sie emotional sogar über die Trennung hinaus Bestand hat, in rasantem Tempo auseinanderbröckelt. Die Grundstruktur des Romans ergibt sich aus Leo Kleinschmidts Pendeln zwischen der westdeutschen Großstadt Pekunia und der westpolnischen Großstadt Onesp. Da er aber nach wie vor neugierig ist auf die aktuellen Entwicklungen in der ungarischen Geschichte, fährt er häufig auch nach Budapest, wo er als Freund, Übersetzer oder Ungarnexperte die merkwürdigsten Gestalten der damaligen Oppositions- und Kulturszene trifft. Mit diesen Erzählsträngen werden zahlreiche Nebenfäden verwoben, wodurch eine für Paetzke charakteristische dichte Komplexität der fabulierten Motive entsteht. Zwei solche Handlungsfäden seien hervorgehoben: einerseits die skurrilen Geschichten um die von Leo Kleinschmidt noch vor seiner Gefängniszeit gleichfalls geliebte Schauspielerin Kriemhild Andernacht und deren Familie, worin sich die osteuropäische Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts mit der entsprechenden Mentalität widerspiegelt, andererseits die geplante Namensheirat eines Musikers und Spitzels aus Siebenbürgen mit der Tochter des Helden (damit der junge Mann Ceausescus Rumänien den Rücken kehren kann). Nicht ohne tragische und komische Momente entsteht ein skizzenhaftes Gemälde einer untergehenden, dafür aber durchaus brutalen Diktatur. Seelenrisse ist nicht nur ein Zeitdokument, es ist auch ein lesenswerter Roman. Wer die vorangegangenen Teile der Trilogie gelesen hat, für den findet der großformatige Bogen seinen an Spannung bis zur letzten Zeile nicht nachlassenden Abschluß. Doch für wen die Lektüre der anderen Teile der Trilogie noch aussteht, auch der wird das Buch als ein in sich geschlossenes Ganzes mit Gewinn lesen können. (László Márton)
Hans-Henning Paetzke, geboren 1943 in Leipzig, absolvierte eine Schauspielausbildung, bevor er in Halle, Budapest und Frankfurt am Main klassische Philologie, Germanistik und Psychologie studierte. Seit 1968 ist er freiberuflich als literarischer Übersetzer, Herausgeber und Autor tätig. Hans-Henning Paetzke lebt in Budapest.
Heimatwirr
Roman
Ein Mann verlässt Familie und Geliebte, um sich in West-Deutschland als literarischer Übersetzer zu etablieren. Schließlich holt er seine Frau Gizella und seinen Sohn Bence nach, der als Neunjähriger bei einem Verkehrsunfall ums Leben kommt. Plötzlich taucht Rosa, die Tochter seiner Geliebten, auf, die aus einem Ostberliner Kinderheim kommt und auf der Suche nach ihrem Vater ist. Sie beginnt Bences Platz einzunehmen und entwickelt sich zum Störfaktor … In seinem neuen Roman lässt Hans-Henning Paetzke das autobiografische Moment in den Vordergrund treten, das sich mit dem Leben der anderen verbindet – von kommunistischen Tätern und Opfern aus Ungarn und der untergegangenen DDR, von Spitzeln und Bespitzelten, von Angepassten und Unangepassten.