Victor Luithlen
Internationale Museumsarbeit zwischen verklärter Rückschau und moderner Vermittlung






Internationale Museumsarbeit zwischen verklärter Rückschau und moderner Vermittlung
Die Sammlung alter Musikinstrumente (SAM) wurde 1916 von Julius von Schlosser als selbständiger Sammlungs- und Ausstellungsbereich der damaligen Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses eingerichtet und für die Öffentlichkeit in der Neuen Hofburg zugänglich gemacht. So bildeten die Musikinstrumente aus den Sammlungen Erzherzog Ferdinands II., der Obizzi-Dynastie und Erzherzog Franz Ferdinands von Österreich-Este den Ausgangspunkt für eine sich stets weiterentwickelnde Sammlung, die sich bis heute großer Aufmerksamkeit erfreut und weltweit zu den eindrucksvollsten und wichtigsten Musikinstrumentensammlungen zählt. Im Rahmen des Zentenarsymposiums trafen führende internationale Musikwissenschaftler, Historiker, Restauratoren, Instrumentenmacher und Musiker in Wien zusammen. Sie beleuchteten neue Aspekte der Geschichte dieser Institution, diskutierten ihre Aufgaben und Zielsetzungen in der organologischen Forschung und erörterten ihren Einfluss auf die Alte-Musik-Bewegung.
Die Sammlung alter Musikinstrumente des Kunsthistorischen Museums besitzt mit dem Teilbestand der Windkapselinstrumente und den darin enthaltenen frühest datierten Krummhörnern einen entscheidenden Anteil am organologischen Weltkulturerbe. Diese Instrumentengruppe steht auch im Mittelpunkt der vorliegenden wissenschaftlichen Studie, für die umfassende Vermessungen und detailreiche Objektdokumentationen mittels industrieller Computertomographie durchgeführt wurden. Der technologisch ausgerichtete Katalogteil wird durch ausführliche Beiträge zur Provenienz der Museumsobjekte sowie zur allgemeinen Geschichte der Krummhörner und Windkapselschalmeien unter Einbeziehung der wichtigsten ikonographischen und musiktheoretischen Quellen ergänzt.
Erstmals werden alle Renaissanceblockflöten des Kunsthistorischen Museums, die weltweit zu dem bedeutendsten erhaltenen Bestand früher Blockflöten zählen, präsentiert. Der Katalogteil bietet dem Leser relevante Vermessungsdaten, die im Falle der Innenbohrungen mittels Grafiken veranschaulicht werden, sowie Abbildungen von Details der Instrumente und ausführliche Beschreibungen, die den Zustand der Musikinstrumente und deren Merkmale genau dokumentieren. Die Beiträge bieten Einblicke in die historische Entwicklung des Renaissanceblockflötenbestands der Sammlung alter Musikinstrumente, diskutieren aktuelle Forschungsergebnisse, die im Zuge der Untersuchungen für den vorliegenden Katalog evident wurden, widmen sich den wichtigsten theoretischen Quellen der Renaissance, in denen Wissen über die Blockflöten vermittelt wurde, sowie adäquaten ikonographischen Belegen und geben Raum zur Reflexion aufführungspraktischer Fragen.
Die Sammlung alter Musikinstrumente des Kunsthistorischen Museums in Wien beherbergt einen bedeutenden Teil des globalen Bestands an Musikinstrumenten der Renaissance und des Frühbarock. Viele dieser Instrumente sind heute begehrte Vorbilder für Nachbauten in der Alten Musik, insbesondere die frühen Holzblasinstrumente, die wichtige Informationen für eine adäquate Aufführungspraxis bieten und Einblicke in die Technologien des Instrumentenbaus der Renaissance gewähren. Im Rahmen eines umfangreichen Forschungsprojekts wurden die Zinken und der Serpent der Sammlung mit einem industriellen 3D-CT-Verfahren vermessen. Diese innovative Methode ermöglicht eine dreidimensionale Darstellung und präzise geometrische Vermessung selbst der schwer zugänglichen Bereiche der fragilen historischen Instrumente. Die algorithmische Datenevaluierung, die im Projekt entwickelt wurde, liefert nun äußerst präzise Informationen, die als nützliche Richtlinie für den Nachbau dienen und die Grundlage für weitere Untersuchungen bilden. Der Katalogteil des Bandes wird durch vertiefende Beiträge zu aufführungspraktischen, historischen, organologischen und vermessungstechnischen Themen ergänzt. Diese Essays fördern die Interpretation der Vermessungsdaten und bieten wertvolles Hintergrundwissen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen und künstlerischen Perspektiven.