Sayed Kashua erzählt die kunstvoll verwobene Geschichte zweier arabischer Israelis, die sich nichts sehnlicher wünschen, als Teil des jüdischen Israels zu sein. Doch in einem kulturell tief gespaltenen Land bleiben die Glücksversprechen der Popkultur und eines westlichen Individualismus zwangsläufig leer.
Sayed Kashua Bücher





Nach seinem überragenden Debüt Tanzende Araber greift der junge arabische Autor mit der israelischen Staatsbürgerschaft das Thema des Grenzgängers erneut auf und entwirft ein apokalyptisches Panorama seiner zerrissenen Gesellschaft: Ein junger Journalist zieht sich mit Frau und Tochter in das arabische Dorf seiner Kindheit zurück, und eine ungewisse Gegenwart mündet in eine bedrohliche Zukunft.
Über Dichtung und Wahrheit... Dies ist der lang erwartete Roman Sayed Kashuas über seine Emigration aus Israel. »Lügenleben« kann dementsprechend als Autofiktion gelesen werden und ist dennoch pure Erfindung: Nach Jahren steinernen Schweigens erhält der Erzähler eine Nachricht seines Vaters: »Bin im Krankenhaus«. Er fliegt sofort nach Hause, um dem Vater beizustehen und um sich mit Familie und Vergangenheit auszusöhnen. Aber warum wurde er einst verstoßen, hat Angst sein Dorf zu betreten, ist in der neuen Heimat aus der ehelichen Wohnung verbannt? Am Bett seines Vaters beginnt er Rechenschaft abzulegen. Aber sein Bericht bleibt trügerisch, so lückenhaft und geschönt wie die Erinnerungen, die der professionelle Memoirenschreiber für seine Kundschaft schrieb ... »Klar, präzise, sensationell gut! Und aus eigener Erfahrung – Sayed Kashua« ttt
Aufgewachsen ist er in dem arabischen Dorf Tira, mit der Legende seines 1948 ums Leben gekommenen Großvaters und einem ehrgeizigen Vater, der in seiner Jugend die Universitätscafeteria in die Luft gejagt und dafür zwei Jahre im Gefängnis gesessen hat und nun hofft, dass sein Sohn Pilot wird oder zumindest der erste Araber, der eine Atombombe baut. Der Sohn stellt sich allerdings als »Feigling« heraus, genau wie seine Brüder: »Mein Vater versteht nicht, warum ich und meine Brüder so geworden sind. Wir können nicht einmal eine Fahne zeichnen. Er sagt, dass andere Kinder — manche sind sogar jünger als wir — durch die Straße marschieren und dabei »PLO — Israel NO« singen, und dann wirft er mir vor, dass ich wahrscheinlich nicht einmal weiß, was PLO heißt.« Der Erzähler flüchtet sich hinter eine Vielzahl von Masken und muss doch verzweifeln an dem unauflösbaren Konflikt der Identitätsfindung — weder in der arabischen noch in der jüdischen Welt findet er eine innere Heimat. Ein mutiges und hellsichtiges Buch, dessen sanfte Selbstironie und melancholischer Witz überraschen.