Hilary Mantel
6. Juli 1952 – 22. September 2022
Dame Hilary Mary Mantel [mænˈtɛl], DBE (* 6. Juli 1952 als Hilary Mary Thompson in Glossop, Derbyshire; † 22. September 2022 in Exeter, Devon) war eine britische Schriftstellerin und Kritikerin. Sie wurde vor allem durch ihre historischen Romane bekannt und erhielt für die Romane Wölfe (2009) und Falken (2012) jeweils den Booker Prize.
Mantel wuchs zunächst in der Industriestadt Glossop in Derbyshire und später in Cheshire in relativ armen Verhältnissen in einer großen irisch-katholischen Familie auf, die seit zwei Generationen in England lebte. Die ersten sechs Jahre lebte sie bei ihrer irischen Großmutter, deren endlosen Redestrom und Wortschatz sie aufsog. Ihre Mutter Margaret verließ ihren Mann Henry Thompson und zog zu ihrem Liebhaber Jack Mantel nach Cheshire. Hilary nahm mit elf Jahren den Namen ihres Stiefvaters, Mantel, an. Bereits als Schulkind begann sie zu schreiben. Ihr Familienhintergrund war die Triebfeder ihrer meisten Veröffentlichungen. Mantel wurde weithin bekannt als Autorin historischer Romane, aber Themen ihrer Romane sind auch die „faulen Kompromisse der Volkskirche“ und die „panischen Phantasien des islamischen Fundamentalismus“ (so Patrick Bahners). Kennzeichnend für ihr Werk sei zudem die „Einbeziehung der Totenwelt in den literarischen Realismus“ in Verbindung mit „einer Weltanschauung des entschiedenen Rationalismus“.Mantel studierte ab 1970 Rechtswissenschaft an der London School of Economics and Political Science sowie der University of Sheffield und machte dort 1973 ihren Bachelor. Sie arbeitete zunächst als Sozialarbeiterin. Ab 1973 war sie mit dem Geologen Gerald McEwen verheiratet, von dem sie sich 1981 scheiden ließ, den sie jedoch 1982 erneut heiratete. Bereits 1975 begann sie mit dem Schreiben an ihrem Roman Brüder (engl.: A Place of Greater Safety), den sie 1979 fertigstellte, jedoch erst 1992 veröffentlichen konnte.Aufgrund des Berufs ihres Ehemanns lebte sie mit ihm ab 1977 fünf Jahre in Botswana, danach vier Jahre in Dschidda in Saudi-Arabien. In ihren später erschienenen Romanen Eight Months on Ghazzah Street (1988) und A Change of Climate (1994) verarbeitete sie Erfahrungen aus dieser Zeit. Nach ihrer Rückkehr nach England arbeitete sie 1987 bis 1991 als Filmkritikerin für den Spectator.2003 veröffentlichte sie mit Giving Up the Ghost eine Autobiographie, die 2015 unter dem Titel Von Geist und Geistern auch auf Deutsch erschien.Als ihr Hauptwerk gilt die zwischen 2009 und 2020 erschienene Trilogie über Thomas Cromwell, bestehend aus den Romanen Wölfe (engl.: Wolf Hall, erschienen 2009), Falken (Bring Up the Bodies, 2012) sowie Spiegel und Licht (The Mirror & the Light, 2020). Für die ersten beiden Romane wurde sie nach Erscheinen jeweils mit dem Booker Prize geehrt. Die Royal Shakespeare Company brachte Wölfe und Falken 2013 in Stratford-upon-Avon auf die Bühne. Eine auf Wölfe und Falken basierende, nur mit dem Titel Wölfe versehene Fernsehserie wurde 2015 auf BBC Two ausgestrahlt. Im deutschsprachigen Fernsehen lief die sechsteilige Produktion auf Arte. Nach achtjähriger Pause beschloss der Roman Spiegel und Licht 2020 Mantels Trilogie.Neben ihren Romanen kommentierte Mantel auch in diversen Essays und Reden das Zeitgeschehen und galt dabei unter anderem als Kritikerin der britischen Monarchie und der Königsfamilie sowie der katholischen Kirche. Hilary Mantel starb am 22. September 2022 im Alter von 70 Jahren in einem Krankenhaus in Exeter, nachdem sie drei Tage zuvor einen Schlaganfall erlitten hatte. Die Familie hatte geplant, nach Cork überzusiedeln, um ihre europäischen Bürgerrechte zu erhalten. Zum Zeitpunkt ihres Todes arbeitete Mantel an einem Roman mit Figuren aus dem Werk Jane Austens mit dem Titel „Provocation“, geschildert aus der Sicht von Mary Bennett. Ihr Archiv befindet sich in der Huntington Library in Kalifornien.