Paul Ricœur Bücher
Paul Ricoeur zählt zu den herausragendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts, dessen umfangreiches Werk sich primär mit philosophischer Anthropologie und der menschlichen Fähigkeit zur Handlung befasst. Er erforschte die Möglichkeiten des Selbstverständnisses durch die Beziehung zur Welt und zu anderen, wobei er Vorstellungen von unmittelbarer Selbsttransparenz oder vollständiger Selbstbeherrschung ablehnte. Seine Methodologie entwickelte sich von der existenziellen Phänomenologie zu einer hermeneutischen Phänomenologie, die betont, dass alle Verständlichkeit und jedes Selbstverständnis durch Sprache, Symbole und Texte vermittelt werden. Sein Ansatz unterstreicht die interpretative Natur menschlicher Erkenntnis und Existenz.







Paul Ricœur, der am 20. Mai dieses Jahres starb, ist einer der großen Philosophen der Gegenwart. Wie kein zweiter hat er den Dialog zum zentralen Thema seiner Philosophie gemacht: den zwischenmenschlichen Dialog, aber auch den hermeneutischen Dialog mit Texten und den konstruktiven Dialog zwischen unterschiedlichen philosophischen Schulen. Mit seinem Tod, schrieb Die Zeit, »geht das 20. Jahrhundert der Philosophie seinem Ende entgegen«. Paul Ricœurs letztes, großes Buch ist ein philosophisches Vermächtnis. Der französische Philosoph nimmt hier die Fäden seines Werks auf und führt sie zusammen: die besondere Erfahrung seiner selbst als anderem, die Frage der Identität, die Bedeutung des Dialogs und des wechselseitigen Austauschs und, nicht zuletzt, die Theorie des Handelns. Ricœurs umfassende historische wie systematische Studie macht im Konzept der Anerkennung einen Zentralbegriff der Philosophiegeschichte insgesamt aus, der, so Ricœur, bisher sträflich vernachlässigt worden sei. In drei Schritten entwirft er eine Theorie der Anerkennung: Anerkennung kann als Erkennen, als Wiedererkennen und als Anerkanntsein bestimmt werden. Wir können nur etwas erkennen und anerkennen, wenn wir selbst erkannt und anerkannt werden.
Die Interpretation
Ein Versuch über Freud
Paul Ricœur erforscht hier die Möglichkeit menschlicher Fehlbarkeit, den menschlichen „Ort“ des Bösen. Er findet die Einbruchstelle des Bösen in einer konstitutionellen Schwäche, in einer Nichtkoinzidenz des Menschen mit sich selbst, die immer neuer Vermittlungen bedarf, und entwickelt von hier aus den Begriff Fehlbarkeit mit den Mitteln reiner Reflexion. Der Verfasser geht von einem anthropologisch determinierten Vorverständnis aus, das er die „Pathetik des Elends“ nennt. Der methodische Ausgangspunkt ist die Reduktion der „Pathetik“ durch transzendentale Reflexion. Was in der Pathetik des Elends sich als Mischung zeigt, erscheint nun am Objekt als transzendentale Synthese von Erscheinung und Aussagbarkeit, von Endlichkeit und Unendlichkeit. Die Untersuchung geht dann zur praktischen Synthese und schließlich zur affektiven Synthese und ihrer Zerbrechlichkeit über. Der Begriff Fehlbarkeit wird dadurch geläutert, doch dem pathetischen Vorverständnis kommt die Reflexion nie völlig nach. So endet diese transzendentale Untersuchung vor dem Rätsel, daß das Böse aus der Fähigkeit zum Bösen gleichwohl nicht hervorgeht, sondern, bevor der Mensch es in die Welt setzt, schon da ist.
Liebe und Gerechtigkeit
- 93 Seiten
- 4 Lesestunden
Paul Ricœur hat neben seinen großen philosophischen Werken in Aufsätzen und Vorträgen immer wieder Themen des christlichen Glaubens aufgegriffen, dabei aber betont, dass er sich auch diesen Fragen als Philosoph nähert. Der Band versammelt vier bedeutsame, bisher noch nicht übersetzte Texte aus diesem Bereich seines Schaffens: In zwei großen Aufsätzen unterzieht Ricœur die Begriffe des 'Zeugnisses' und der 'Offenbarung' einer rigorosen philosophischen Analyse. Zugleich markiert er jeweils den Ort, an dem sie als theologische den Horizont der philosophischen Hermeneutik sprengen. Zwei kleinere Texte gehen auf die vorletzte von Ricœurs Gifford-Lectures zurück, die er nicht in seine Monographie 'Das Selbst als ein Anderer' aufnahm. Hier fragt Ricœur zum einen nach Möglichkeiten und Grenzen der Religionsphänomenologie, zum anderen lotet er die komplexen Beziehungen von Wort, Schrift und glaubender Gemeinschaft aus. Die Arbeit 'an den Grenzen der Hermeneutik' stellt so das die vier Aufsätze verbindende Thema dar, das ihnen noch über die Bedeutung ihrer Einzelüberlegungen hinaus Gewicht gibt für religionsphilosophische und theologische Fragestellungen sowie für eine umfassendere Wahrnehmung des „Hermeneutikers' Ricœur.
„In der ‚lebendigen’, sinnerschließenden Metapher treten zwei Bedeutungsfehler in eine produktive Spannung, in der sie einen aufdeckenden Weltbezug gewinnt: sie sagt zwar nicht (wie die Aussage), was etwas ist, doch wie etwas ist. Dieser Begriff der metaphorischen Bedeutung, ja Wahrheit, den Ricoeurs Untersuchung ausarbeitet, weiß sich der Intention der Hermeneutik verpflichtet, den Blick für solche Formen der Rede zu öffnen, die mit dem Modell der Aussagenbedeutung nicht zu fassen sind, ohne doch damit bereits Zersetzung jeglicher Bedeutung zu sein. Ricoeur liefert eine beispielhafte Ausarbeitung dieser Intention für den speziellen Fall der Metapher, verliert dabei jedoch niemals die allgemeine Theoriediskussion aus dem Auge.“
Woher kommt das Bose? Wie kommt es, dass wir Boses tun? Diese Fragen haben Paul Ricoeur (1913-2005) - den Philosophen und Theologen, der sich selbst nie als solchen bezeichnet hat - seit seinen fruhesten Arbeiten begleitet. Der vorliegende Essay, entstanden aus einem Referat, das Ricoeur 1985 an der Theologischen Fakultat Lausanne gehalten hat, kann stellvertretend fur seine Beschaftigung mit diesen Fragen stehen. Angesichts dessen, was das 20. Jahrhundert an Bosem hervorgebracht hat, beleuchtet Ricoeur hier in einer exemplarischen Tiefe die verschiedenen religiosen, mythologischen und philosophischen Diskurse uber das Bose. Er zeigt, wie die traditionelle Theodizee, aber auch wie Kant, Hegel oder Barth versucht haben, das Problem, das die Existenz des Bosen bedeutet, zu losen. Ricoeur selbst pladiert fur eine Weisheit, die auf die (An-)Klage verzichtet. Paul Ricoeur, 1913-2005, franzosischer Philosoph, war zuletzt Professor an der Universitat Paris-Nanterre und Lehrstuhlnachfolger von Paul Tillich an der University of Chicago. Neben existenz- und geschichtsphilosophischen Forschungen widmete er sich intensiv dem Problem der Sprache.
Zeit und Erzählung I-III
Zeit und historische Erzählung. Zeit und literarische Erzählung. Die erzählte Zeit
- 3 Bände

