Juan Carlos Onetti Bücher
Juan Carlos Onetti war ein uruguayischer Romanautor und Kurzgeschichtenschreiber, der als einer der herausragendsten lateinamerikanischen Schriftsteller gilt. Sein Werk zeichnet sich durch tiefe Introspektion und eine melancholische Sicht auf die menschliche Existenz aus. Onetti schildert meisterhaft Charaktere, die von inneren Dämonen und gesellschaftlicher Entfremdung geplagt werden. Sein Stil wird oft als rau, aber zugleich poetisch beschrieben und thematisiert Einsamkeit, Verlust und die Suche nach Sinn in einer absurden Welt.







Magda
Roman
Aus dem zynischen Gerede von Kneipengängern und Bordellbesuchern löst sich die geheimnisvolle Gestalt einer Frau. Damals im Eldorado, in Buenos Aires, schwärmten die Nachtschmarotzer um sie und ihren dunklen Hauptmann, der die Whiskys mit Dollars bezahlte. Nun sitzt Lamas, der heruntergekommene Journalist und traurige Spieler, der nachts dabei war und den Duft von Magdas Achseln atmete, in einer deutschen Bierstube in Lavanda und erzählt einem Freund, unter dem Klirren von Krügen, Magdas Geschichte: Bestellen Sie noch eine Runde, und ich schenke Ihnen dafür eine Beichte, die ich mir für mein Totenbett aufgehoben hatte. Der Dante zerreißt mich. Irgendsowas. Ah, der Komödiant im Tragöden, lacht der Zuhörer und ahnt nicht, daß Lamas wieder und wieder hinabsteigen wird in Magdas Geschichte, die er nach dieser nächtlichen Beichte aufschreibt und sich selbst erzählt: Magda, die lächelnde Frau in dem Cabaret mit den eindeutigen Extrazimmern; Magda, das Mädchen im Hundepelz, das Lamas in den frühen Morgenstunden ins No Name begleitet, zu einem letzten Glas, und das ihn eines Nachts, da ihr Kommandant fern ist, mitnimmt in ihr Apartment. Später berichtet ein Barbesucher, der Magdas Bahn zufällig kreuzt, im Polizeikommissariat das Ende ihrer Geschichte, und der Fernschreiber in Lamas' Zeitungsredaktion tickert das Epitaph.
Am Anfang steht sein ruppiger Erstling Der Schacht von 1939 – ein unausschöpflicher, immer neu zu lesender Text. Daneben enthält der Band die beiden bislang noch nie auf deutsch erschienenen frühen Romane Niemandsland (1941) und Für diese Nacht (1943). Niemandsland erzählt von einer lose verbundenen Clique mit sich überkreuzenden erotischen Beziehungen: ein Maler, ein Schriftsteller, ein Anwalt, ein linksrevolutionärer Gewerkschafter, der Zuhälter Larsen, ein junges Mädchen, die Frau mit dem gelben Haar, eine Prostituierte – nicht das Gefüge der Handlung, sondern wie Onetti die Lebenswünsche und die Lebenslügen all dieser Personen evoziert, macht die Intensität des Romans aus. Für diese Nacht von 1943 erzählt vor dem Hintergrund einer Hafenstadt im Bürgerkrieg davon, wie ein Mann in dem von ihm als vergeblich gewußten Versuch, vor seinen politischen Gegnern aus der Stadt zu flüchten, durch die Nacht hetzt. Ein Roman, der etwas von der schwarzen Serie der Kriminalromane der frühen vierziger Jahre hat: ein thrill, der bei Onetti naturgemäß von existentieller Eindringlichkeit ist. Unter dem Titel Une nuit de chien wurde der Roman soeben von Werner Schroeter verfilmt.
"Der Tod und das Mädchen" erzählt von einem angekündigten Mord, bei dem Dr. Díaz Grey skeptisch über den Besucher Jorge Malabia sinniert. Onetti kreiert mit wenigen Figuren eine existenzielle Welt, die zwischen Himmel und Hölle pendelt. Die Erzählung ist intensiv und dicht, ähnlich der Kammermusik, und beleuchtet tiefgründige menschliche Erfahrungen.
Lassen wir den Wind sprechen, ein Roman, der den Autor fast drei Jahrzehnte beschäftigt hat, schickt den Kommissar Medina in eine Zerreißprobe der Existenz, radikal zweifelnd, abgründig komisch: Seinem Polizistendasein in Santa María entflieht er nach Lavanda, wo er als Maler und Liebhaber dilettiert. Dafür lässt er sich von Frieda von Kliestein aushalten, einer Cabaret-Sängerin, die wie er selbst lieber mit Frauen schläft. Doch das ihm entrückte Santa María zieht ihn zurück. Und dort wieder angekommen, wird er schließlich als Kommissar die Ermordung Friedas untersuchen müssen, in die er selbst verstrickt zu sein scheint.
Für diese Nacht
Roman
Onettis Roman aus dem Jahr 1943 spielt in einer einzigen Nacht in einer Hafenstadt im Bürgerkrieg und folgt einem Mann, der alles daransetzt, seinen politischen Gegnern und früheren Weggefährten zu entkommen und die eigene Haut zu retten, obwohl er um die Vergeblichkeit dieses Unterfangens weiß. Ein Roman, der etwas von der schwarzen Serie der Kriminalromane der frühen vierziger Jahre hat: ein thrill von existentieller Eindringlichkeit.
Wenn es nicht mehr wichtig ist besteht aus den Aufzeichnungen von Juan Carr, einer heillos gescheiterten Existenz. Carr kommt eines Tages nach Santa María, wo er für gute Dollars Arbeiten an einem Stauwerk beaufsichtigen soll. Er lebt in einem großen Haus am Fluss, versorgt von der Mestizin Eufrasia, zu deren Tochter Elvira er sich hingezogen fühlt. Er stößt auf Díaz Grey, der ihn zu Gesprächen und Alkohol einlädt. Der Arzt hat Angélica Inés, die labile Tochter des Werftbesitzers Jeremías Petrus, geheiratet und lebt mit einem Wissen, das ihn zu Schweigsamkeit und Bekenntnis treibt. Eine absurde Aufgabe drängt Carr in einen grell ausgeleuchteten Randbereich von Schmuggel, Lebensbeharrung und ätzender Selbstbefragung. Seine Aufzeichnungen zeigen ihn als ein ironisch verzeichnetes Alter Ego Onettis. Dieses letzte Werk Juan Carlos Onettis, ein Jahr vor seinem Tod erschienen, ist ein lakonischer, ja anarchischer Bogenschlag zu seinem atmosphärisch so ganz anderen, aber nicht minder unerschrockenem Erstling Der Schacht.


