James Fenimore Cooper
15. September 1789 – 14. September 1851
James Fenimore Cooper (* 15. September 1789 in Burlington, New Jersey als James Cooper; † 14. September 1851 in Cooperstown, New York) war ein amerikanischer Schriftsteller der Romantik.
Cooper ist in vielerlei Hinsicht eine Schlüsselfigur der amerikanischen Literatur. Neben Washington Irving war er der erste amerikanische Schriftsteller, der von seinen Büchern leben konnte. Er blieb bis weit in das 20. Jahrhundert hinein auch in Europa der wohl meistgelesene. Nach dem Vorbild Sir Walter Scotts schrieb er die ersten historischen Romane und die ersten Seefahrtsromane der amerikanischen Literatur. Sein umfangreiches Werk umfasst weiter zahlreiche historiografische Werke, Essays und Satiren über Amerika wie Europa. Besonders bekannt sind bis heute seine fünf „Lederstrumpf“-Romane, die die Erschließung des amerikanischen Westens durch weiße Scouts, Trapper und Siedler, aber auch die allmähliche Zurückdrängung und Vernichtung der indianischen Kultur thematisieren. Cooper wurde am 15. September 1789 als zwölftes von 13 Kindern einer wohlhabenden Quäkerfamilie geboren; nur vier seiner Brüder und zwei seiner Schwestern erreichten das Erwachsenenalter. Sein Vater William Cooper, zur Zeit von James’ Geburt noch Ladenbesitzer in Burlington, New Jersey, hatte das Familienvermögen durch erfolgreiche Landspekulationen erheblich mehren können: 1786 erwarb er unter rechtlich dubiosen Umständen ein Landpatent über mehr als 12.000 Hektar am Ufer des Otsego Lake im Bundesstaat New York, der sich zu dieser Zeit noch an der Frontier befand, also im Grenzland zwischen den bereits von Weißen besiedelten Ländereien im Osten und den noch unerschlossenen Gebieten im Westen. In den nächsten Jahren veräußerte er Teile seines Grundbesitzes parzellenweise an Neusiedler und trieb die Gründung einer Pioniersiedlung am Seeufer voran. 1790 ließ er sich mit seiner Familie selbst in der ihm zu Ehren Cooperstown benannten Siedlung nieder. Mit der Zeit wurde er zu einem der wohlhabendsten und auch politisch einflussreichsten Männer New Yorks. 1795–1797 und 1799–1801 hatte er ein Mandat im Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten inne und wirkte als Mitglied der Föderalistischen Partei unter anderem und durchaus eigennützig für die Ratifizierung des Jay-Vertrags. James Cooper – erst 1826 fügte er seinem Namen den Geburtsnamen seiner Mutter Elizabeth Fenimore zu – verbrachte so seine ersten Lebensjahre in einer Landschaft, die zwar nicht mehr so unberührt war, wie er sie später in seinen Romanen darstellen sollte, aber noch recht ursprünglich. Als Junge verbrachte er viel Zeit in den Wäldern und segelte oder ruderte oft auf dem See. Der Familiensitz der Coopers, genannt Otsego Hall, war das stattlichste Gebäude der Siedlung und für die Verhältnisse an der Frontier eine mindestens komfortable, wenn nicht luxuriöse Wohnstatt. Er besuchte zunächst die örtliche Dorfschule, bis seine Eltern ihn 1801 zur weiteren Bildung als Hausschüler beim episkopalischen Geistlichen Thomas Ellison in Albany, der Hauptstadt des Bundesstaats, in Obhut gaben. Dort lernte er gemeinsam mit Sprösslingen anderer New Yorker Patrizierfamilien, wie den van Rensselaers, vor allem Latein. Als Ellison ein Jahr später starb, immatrikulierte sich Cooper im Alter von nur dreizehn Jahren am Yale College in New Haven, das zur damaligen Zeit eher den Charakter einer Oberschule hatte. Dort war er allerdings von seinen Studien recht gelangweilt und wurde nach nicht einmal einem Jahr wegen groben Unfugs der Schule verwiesen. Häufig kolportiert wird die Geschichte, er habe einem Esel beigebracht, auf einem Professorenstuhl Platz zu nehmen, auch soll er die verschlossene Tür zum Zimmer eines Kommilitonen mit Schießpulver aufgesprengt haben. William Cooper beschloss, dass sein Sohn eine Karriere in der Marine einzuschlagen habe, und ließ ihn zur Vorbereitung auf einem Schiff der amerikanischen Handelsmarine anheuern. Im Oktober brach James Cooper als gemeiner Matrose an Bord des Seglers Stirling zu seiner ersten, einjährigen Seefahrt auf. Auf dieser Reise lernte er England und Spanien kennen; vor der Küste Portugals wurde sein Schiff tagelang von nordafrikanischen Piraten (Barbaresken) verfolgt. Nach seiner Rückkehr nach Amerika trat er am 1. Januar 1808 im Alter von 18 Jahren als midshipman (Fähnrich zur See) in den Marinedienst ein; seine Ernennungsurkunde wurde von Präsident Thomas Jefferson persönlich unterzeichnet. Cooper wurde zunächst auf Segelschiffen der amerikanischen Marine im Atlantik eingesetzt. Von August 1808 bis Oktober 1809 war er im Fort Oswego am Ufer des Lake Ontario stationiert, das im Franzosen- und Indianerkrieg eine wichtige Rolle gespielt hatte. Angesichts eines drohenden Krieges mit Großbritannien, unter dessen Kontrolle das kanadische Nordufer des Sees stand, strebten die Vereinigten Staaten den Bau einer Flotte auf diesem Binnensee an und begannen 1808 in Oswego mit dem Bau der Brigg USS Oneida. Cooper erwarb schnell das Vertrauen des Garnisonskommandanten Lt. Melanchthon Taylor Woolsey und wurde schließlich selbst mit der Führung des Forts und den Werftarbeiten betraut, als Woolsey zum Lake Champlain abberufen wurde. Im November 1809 wurde Cooper dann in den Hafen von New York versetzt, wo er als Rekrutierer eingesetzt wurde. Im Dezember 1809 starb sein Vater – einer verbreiteten, aber unwahrscheinlichen Version zufolge durch das Attentat eines politischen Gegners – und hinterließ jedem seiner Söhne 50.000 $ sowie ein Fünftel seines auf einen Wert von 700.000 $ geschätzten Grundbesitzes. War er so schon finanziell mehr als abgesichert, so war dies umso mehr der Fall, als er am Neujahrstag 1811 Susan Augusta De Lancey heiratete, die einer der einflussreichsten New Yorker Grundbesitzer-Familien entstammte. Ihr Großvater James DeLancey war 1753–1755 königlicher Gouverneur der Kolonie, und seine Söhne nahmen in der Amerikanischen Revolution und dem Unabhängigkeitskrieg prominente Rollen in den Reihen der Loyalisten ein. Coopers Vorfahren hatten hingegen auf Seiten der Revolutionäre gekämpft, und die fortwirkenden Spannungen der Revolutionszeit, die Nachbarn, Freunde und Familienmitglieder gegeneinander aufbrachten, verarbeitete er später in historischen Romanen wie Der Spion. Auf den ausdrücklichen Wunsch seiner Frau hin beendete Cooper seine nautische Karriere und versuchte sich in den nächsten Jahren mit wechselndem Glück zunächst als Farmer. Zwischen 1815 und 1819 bekam das Paar vier Töchter, von denen eine noch im Säuglingsalter starb. In den verschiedenen Orten, in denen er sich mit seiner Familie niederließ – zunächst in New Rochelle, dann wieder in Cooperstown, 1817 im von den DeLanceys dominierten Westchester County – engagierte er sich in lokalen Einrichtungen wie der Kirchengemeinde und der Bürgermiliz und gab sich entsprechend seinem Selbstverständnis als Gentleman Steckenpferden wie der Landschaftsgärtnerei und der Pflege seiner Bibliothek hin. Dieses recht idyllische Dasein wurde bald durch den absehbaren Zusammenbruch des Familienvermögens überschattet. Das Land der Coopers hatte in der Depression der 1810er Jahre erheblich an Wert verloren. James Coopers Brüder hatten ihr Erbe in Landspekulationen aufs Spiel gesetzt, und als 1818–1819 die letzten drei seiner Brüder und seine Mutter in kurzer Abfolge starben, hinterließen sie James Cooper vor allem Hypotheken; der Familiensitz Otsego Hall musste veräußert werden. Um sich über Wasser zu halten, stürzte sich Cooper in eine Reihe hochriskanter Unternehmungen; so erwarb er einen Walfänger und überwachte persönlich die Ausstattung vor dessen Ozeanfahrt, doch auch diese Geschäftsidee erwies sich nicht als profitabel. Aus der Geldnot mag auch Coopers Idee entstanden sein, einen Roman zu verfassen. Seiner Tochter Susan Cooper zufolge, die nach seinem Tod zahlreiche Einführungen zu seinen Romanen verfasste, war Coopers Erstling das Ergebnis einer Wette. Er blätterte in einer wohl aus England importierten Schmonzette, die seiner Frau Susan gut gefallen hatte, und soll ausgerufen haben: „Selbst ich könnte ein besseres Buch schreiben als dieses!“ Das Ergebnis, Precaution, 1820 erschienen, ist eine ausgesprochen hölzerne Imitation englischer Gesellschaftsromane Jane Austens und kommt in seiner Rührseligkeit, seinem unwahrscheinlichen Plot, aber besonders durch seinen moralisierenden Impetus der Schundform dieses Genres, dem Groschenroman, gefährlich nahe. Der Roman erschien anonym, und in England, wo er bald eine zweite Auflage erlebte, nahm man allgemein an, dass der Autor eine Engländerin sein müsse. Cooper war es also gelungen, sich in einer von einem „verdammten Mob krakeelender Frauen“ (so Hawthorne) beherrschten Domäne, dem Markt der sentimentalen Belletristik, zu behaupten. Noch 1823 veröffentlichte Cooper zwei Kurzgeschichten unter dem Pseudonym „Jane Morgan“, und mindestens Leslie Fiedler fand Coopers Travestie „etwas beunruhigend.“ Vom Achtungserfolg seines Erstlings bestärkt, verfasste Cooper bald seinen ersten historischen Roman. The Spy (deutsch „Der Spion“) wurde beiderseits des Atlantiks zu einem großen Erfolg und in mehrere europäische Sprachen übersetzt. Er gilt heute als der erste bedeutende historische Roman der amerikanischen Literatur, zumal als der erste, dessen Handlung auch auf amerikanischem Boden angesiedelt ist – er bewies gegen alle anderslautenden Behauptungen, dass sich auch amerikanische Sujets zur Dramatisierung in Romanen eigneten. Coopers Verdienst und sein Erfolg bei seinen Zeitgenossen stehen im Zusammenhang mit dem politischen und kulturellen Legitimationsbedürfnis der amerikanischen Nation, das sich gerade im Jahr 1821 besonders dringlich darstellte, nachdem Sydney Smith in der Edinburgh Review in einem häufig zitierten Artikel gefragt hatte: „Wer in aller Welt liest schon ein amerikanisches Buch, oder geht in ein amerikanisches Theaterstück, oder sieht sich ein Bild oder eine Skulptur aus Amerika an?“ Besonders in seiner Heimat, aber auch in Frankreich wurde Cooper bald als „amerikanischer Scott“ gefeiert. Um näher am Puls des Literaturbetriebs sein zu können, siedelte Cooper 1821 in die Stadt New York über, wo er mit anderen Geistesgrößen wie dem Buchhändler Charles Wiley (dem Stammvater der Verlegerdynastie John Wiley & Sons) und dem Maler und Schriftsteller William Dunlap bald den Kern eines literarischen Salons bildete, genannt The Bread and Cheese. Seine finanzielle Lage blieb allerdings prekär, noch 1823 konnte er die Versteigerung seines Haushalts durch den Gerichtsvollzieher nur mit Mühe abwenden. Sie wirkte sicher auch auf die ungeheure Geschwindigkeit, mit der Cooper bis zu seinem Lebensende Romane schrieb. 1823 erschien The Pioneers (dt. „Die Ansiedler“), der erste seiner fünf Lederstrumpf-Romane, 1824 der ungemein erfolgreiche The Pilot („Der Lotse“), der erste einer langen Reihe von Seefahrtsromanen, 1826 dann Coopers bis heute erfolgreichster Roman The Last of The Mohicans „Der letzte Mohikaner.“ 1823 wurde er zum Mitglied der American Philosophical Society gewählt. Als Cooper sich hinreichend abgesichert sah, brach er mit seiner Familie samt Gesinde im Juni 1826 nach Europa auf. Die Grand Tour, ursprünglich eine der Erziehung und Erbauung europäischer Adeliger dienende Institution, erfreute sich auch im Bürgertum einer wachsenden Beliebtheit, und Cooper sah es in seinem Selbstverständnis als Gentleman und Mitglied der kulturellen und gesellschaftlichen Elite als einer der ersten Amerikaner als standesgemäß an, die Zentren der europäischen Hochkultur zu besichtigen. Nach einem kurzen Aufenthalt in London ließ sich die Familie in Paris nieder, von wo aus Cooper viel umherreiste, unter anderem nach England und Holland. Von Juli bis Oktober 1828 lebte die Familie im Berner Lorrainequartier, von wo aus Cooper ausgedehnte Wanderungen ins Oberland und die Alpen unternahm. Über den Simplonpass reisten die Coopers dann über Oberitalien nach Florenz, wo sie bis Juli 1829 im Palazzo Ricasoli Firidolfi residierten. Im Laufe der nächsten Monate ging es über Neapel, Sorrent, Ischia und Rom nach Venedig und im Mai 1830 nach einem Abstecher über Dresden schließlich zurück nach Paris, wo die Coopers sich wiederum bis 1833 dauerhaft niederließen. Eine weitere Reise im Sommer 1832 führte Cooper nach Belgien, von dort über Köln das Rheintal hinauf bis Schaffhausen und von dort über Zürich nach Vevey. An der Fassade des heutigen Steckgut-Schulhauses in Bern stellt ein Relief-Wandbild eine Szene aus dem Lederstrumpf dar, daneben steht auf einer Gedenktafel „JAMES FENIMORE COOPER SCHRIEB IN DIESEM HAUS DEN LEDERSTRUMPF“. Nach seiner Ankunft in Paris zeigte sich Cooper erstaunt, welch guten Ruf er in den literarischen Zirkeln Frankreichs genoss. Er wurde in den Salons herumgereicht und befreundete sich mit zahlreichen Geistesgrößen. Im November 1826 war es die literarische Sensation des Jahres, als er, der „amerikanische Scott“, gemeinsam mit Sir Walter Scott im Salon der Prinzessin Galitzin auftauchte. Eine besonders enge Freundschaft verband ihn zu seiner Pariser Zeit mit seinem Landsmann Samuel F. B. Morse sowie mit dem Marquis de La Fayette, der im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg auf Seiten der Revolutionäre gekämpft hatte und so eine Symbolfigur der amerikanisch-französischen Freundschaft geworden war. Cooper sah sich in Europa als Botschafter der amerikanischen Republik und war im Europa der Restaurationszeit bald auch in politische Debatten verwickelt. Für La Fayette schrieb er schon 1828 einen Bericht über dessen Amerikareise. Notions of the Americans (1828) sollte das europäische Publikum über Missverständnisse hinsichtlich der republikanischen Verfassung Amerikas aufklären und geriet ihm zu einer überschwänglichen Eloge an seine Heimat, zu der klassischen Formulierung des American Dream. In die Wirren der französischen Politik geriet er mit der Julirevolution. Auch unterstützte Cooper offen den Freiheitskampf der Polen im Novemberaufstand und befreundete sich mit Adam Mickiewicz. Während seiner Zeit in Europa schrieb Cooper mit unverminderter Geschwindigkeit Roman um Roman. 1827 erschien The Prairie (dt. „Die Prärie“), der dritte und vorläufig letzte der Lederstrumpf-Romane. 1828 dann der Seefahrtsroman The Red Rover, der beidseits des Atlantiks zu einem großen Erfolg wurde. In Sorrent schrieb er 1829 The Water-Witch, einen weiteren Seefahrtsroman, der zwar im Long Island Sound des 17. Jahrhunderts angesiedelt ist, dessen Atmosphäre aber ob seines Entstehungsortes deutlich mediterran wirkt, im selben Jahr den historischen Roman The Wept of Wish-ton-Wish über die neuenglische Kolonialgeschichte. Zudem führte er detaillierte Tagebücher und veröffentlichte 1836–1838 auf deren Grundlage fünf Bände mit Reiseskizzen über die Schweiz, England, Frankreich und Italien. Von 1826 bis 1833 hielt sich Cooper in Europa auf, trieb gesellschaftliche Studien, verteidigte in sozialkritischen Schriften die amerikanische Demokratie und setzte sich in The Bravo (1831) unter anderem mit der feudalistischen Vergangenheit auseinander. Er war unter anderem Konsul der Vereinigten Staaten in Lyon. In die USA zurückgekehrt, wandelte er sich mehr und mehr vom Amerika-Befürworter zum Amerika-Kritiker. Seine Skepsis gegenüber dem Industriekapitalismus – die bereits in dem ersten seiner Lederstrumpf-Romane angedeutet war – artikulierte er in verschiedenen kritischen Schriften und Satiren, zum Beispiel A Letter to his Countrymen (1834), The American Democrat (1838). Scharfe, teils beleidigende Angriffe gegen alles und jeden, verbunden mit diversen Gerichtsprozessen zehrten an seinem Ruf und an seiner Schaffenskraft. Einige seiner nach 1842 erschienenen Werke (The Redskins 1846) kann man als stark tendenziös in Richtung einer Idealisierung der Latifundisten bezeichnen. Die Meisterschaft seiner früheren Werke erreichte er nicht mehr.