Klima - Wetter - Mensch
- 127 Seiten
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Erkenntnisse über Wissen
Die Allgegenwart des Begriffs Wissen macht es zu einem rätselhaften Phänomen. Beladen mit philosophischer Schwere und zugleich flüchtig, bleibt Wissen in den Sozial- und Kulturwissenschaften schwer fassbar. Als gesellschaftliche Größe wird Wissen oft hofiert, jedoch selten klar definiert. Im Alltag verflüchtigt es sich in Routinen, Institutionen und sozialen Figuren, während der Status dessen, was wir wissen, oft verborgen bleibt. Wir unterscheiden selten zwischen dem Wissen von und dem Wissen wie und überlassen es der Wissenschaft und Technik. Doch was geschieht, wenn Wissen als soziales Geschehen betrachtet wird? Welche Aspekte treten hervor, wo finden wir es, und welche Rolle spielt es für die moderne Gesellschaft und unsere Gegenwart? Der Band untersucht die sozialwissenschaftliche Karriere des Wissensbegriffs und dessen Rolle in verschiedenen Gesellschaftsbereichen. Wo und von wem wird Wissen produziert? Wie unterscheiden sich Wissensarten, und welche sozialen Auswirkungen haben sie? Ist Wissen eine Ware, braucht es eine Wissenspolitik, und leben wir nicht längst in einer Wissensgesellschaft? Diese Fragen werden eingehend diskutiert und in Beziehung zu gesellschaftlichen Prozessen gesetzt. Das Buch überbrückt die Kluft zwischen abstrakter Philosophie und der alltäglichen Rolle des Wissens und verdeutlicht dessen zentrale Bedeutung für die moderne Gesellschaft.
In den entwickelten Gesellschaften haben sich die durchschnittlichen Realeinkommen in den vergangenen 50 Jahren vervierfacht oder sogar verfünffacht. Die heutigen Waren und Dienstleistungen gleichen kaum mehr denen, die vor 50 oder 100 Jahren existierten. Nicht nur der Umfang, sondern auch das »Wo und Wie« des Konsumierens und Produzierens haben sich radikal verändert. Dennoch stammen viele unserer wichtigsten Vorstellungen von den Eigenschaften des Marktes und unserem angeblich typischen Marktverhalten aus einer Welt, die keinen verbreiteten Wohlstand und kein allgemeines Bildungswesen, sondern nur ausgesprochene Armut, umfassende Machtlosigkeit, verbreiteten Hunger und Analphabetismus kannte. Diesen Widerspruch versucht die vorliegende Studie zu analysieren.
John Maynard Keynes als »Retter des Kapitalismus« hat die westlichen Demokratien grundlegend verändert und die Grundlagen für eine neue und erneut aktuelle Wirtschaftspolitik geschaffen. Im Fall der »Rassenhygiene« haben Wissenschaftler als Vordenker der Vernichtung kulturelle und politische Ressourcen genutzt, um ihre Wissensansprüche durchzusetzen – mit fatalen Folgen. Der Klimawandel schließlich ist ein von Wissenschaftlern, Politikern und Experten intensiv diskutiertes Thema, gleichwohl haben die diesbezüglichen Erkenntnisse einen überraschend geringen Einfluß auf die praktische Politik. Anhand dieser drei Beispiele untersucht das Buch das prekäre Verhältnis von Wissen und politischer Macht.
Die moderne Gesellschaft.- Soziologische Erkenntnisse über Informationen, Wissen und Wissensfähigkeiten.- Die Bedingungen der Möglichkeit von Freiheit und Demokratie.- Die gesellschaftliche Rolle von Wissensfähigkeiten.- Das Wissen der Schwachen und der Mächtigen.- Die Regierbarkeit moderner Gesellschaften.
Moderne Wissensgesellschaften nehmen die Gestalt des Wissenskapitalismus an. Obwohl es sich bei diesem in erster Linie um eine wirtschaftliche Entwicklung handelt, besteht der begründete Verdacht, dass er erhebliche Auswirkungen auf die soziale Struktur und die Kultur der modernen Gesellschaft hat. Dennoch ist eine zukunftsfähige und nachhaltige Gesellschaft, die keine breit aufgestellte Wissensgesellschaft ist, kaum vorstellbar. Die komplexen kulturellen, sozio-ökonomischen, ökologischen und politischen Probleme der modernen Gesellschaft als Wissenskapitalismus werden in Nico Stehrs Studie im Detail analysiert.
Studien und Materialien
InhaltsverzeichnisInhaltsübersicht.I. Teil: Einleitung.Zur Soziologie der Wissenschaftssoziologie.II. Teil: Entwicklung, Wachstum und Wandel von Wissenschaft: Wissenschaftssoziologische und wissenssoziologische Aspekte.Der Fortschritt der Wissenschaft als Trivialisierungsprozeß.Drei Modelle der Wissenschaftsentwicklung.Wittgenstein und die Soziologie der Mathematik.Wissenssoziologie und Wissenschaftssoziologie. Entwicklung eines gemeinsamen Untersuchungsrahmens.Programm einer Wissenschaftssoziologie der Jurisprudenz.Grundprobleme der Wissenschaftsgeschichte.III. Teil: Zur Entwicklung wissenschaftlicher Spezialgebiete.Konkurrenzformen, Autonomie und Entwicklungsformen wissenschaftlicher Spezialgebiete.Biometriker versus Mendelianer. Eine Kontroverse und ihre Erklärung.Fallstudien zu wissenschaftlichen Spezialgebieten.IV. Teil: Soziale und kognitive Organisation von Wissenschaft: Theoretische Aspekte.Die Ausdifferenzierung wissenschaftlicher Diskurse.Organisatorische Faktoren im Wissenstransfer. Eine explorative Untersuchung zur Situation in den Sozialwissenschaften.Soziale Organisation, Kodifizierung des Wissens und das Belohnungssystem der Wissenschaft.V. Teil: Soziale und kognitive Organisation von Wissenschaft: Empirische Untersuchungen.Paradigmatischer Konsens in Forschungsorganisationen.Konsensus, methodologische Verfahrensweisen und die Trivialisierbarkeit von Entscheidungen im Forschungsprozeß.Unterschiede zwischen einzelnen Wissenschaften im Hinblick auf Forschungsaktivität und Produktivität.Anomie und Dissens in wissenschaftlichen Gemeinschaften.VI. Teil: Wissenschaft, Technik und Gesellschaft: Soziohistorische Aspekte.Das Verhältnis von Wissenschaft und Technik im Wandel ihrer Institutionen.VII. Teil: Wissenschaft, Technikund Gesellschaft: Aktuelle Aspekte.Der vielschichtige Schnittbereich von Wissenschaft und Gesellschaft.Gelenkte Wissenschaft in der gelenkten Gesellschaft.Zur gesellschaftlichen Irrelevanz der Sozialwissenschaften.Die Rolle der wissenschaftlich-technischen Revolution (WTR) im Marxismus-Leninismus.VIII. Teil: Wissenschaftssoziologie und Wissenschaftsphilosophie.Über einen neueren Versuch, die Vernunft zu retten.Philosophische Aspekte der Wissenschaftsforschung.
Die gesellschaftlichen Grundlagen der modernen Ökonomie
Die gesellschaftlichen Grundlagen der modernen ökonomie Was sind die gesellschaftlichen Grundlagen der modernen Wirtschaft? Die Beantwortung dieser Frage erfolgt in Wissen und Wirtschaften nicht aus einer etablierten ökonomischen, sondern aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive. Ausgehend von der Theorie der Wissensgesellschaft, in der Wissen der konstitutive Mechanismus der Gesellschaft ist, wird die Beschaffenheit der wissensbasierten ökonomie analysiert. Das Vordringen des wissenschaftlich-technischen Wissens in die wesentlichen Lebens- und Handlungsbereiche der modernen Gesellschaft ist Anlass dafür, unsere Gesellschaft unter der Perspektive ihrer Wissensstruktur zu betrachten und nicht, wie bisher, als in erster Linie von den sozialen Merkmalen Arbeit und Eigentum (Kapital) geprägt zu verstehen.
Die Stagnation der Macht und die Chancen des Individuums
Gegenwärtig erleben wir den Umbau der traditionellen Industrie- in Wissensgesellschaften. Der gewaltige Bedeutungszuwachs, den Wissen, Wissenschaft und Technik dabei erfahren, muß jedoch nicht zur Bedrohung der individuellen Freiheit durch die Übermacht anonymer Kontroll-, Manipulations- und Repressionsapparate führen. Im Gegenteil: Wissensgesellschaften bieten dem einzelnen erweiterte Handlungsmöglichkeiten, während sie die Macht des Staates und der großen Kollektive eher lähmen. Gerade deshalb sind Wissensgesellschaften zerbrechlich.