Walter Scheidel, die moderne Geschichtskomparatistik und Oswald Spengler
Reden anlässlich der Verleihung des Oswald-Spengler-Preises an Walter Scheidel 13. November 2020
Walter Scheidel ist ein herausragender Professor, dessen Werk die Geisteswissenschaften, Sozialwissenschaften und Biowissenschaften miteinander verbindet. Seine umfangreichen Forschungen befassen sich mit der sozialen und wirtschaftlichen Geschichte vormoderner Gesellschaften, der historischen Demografie und der vergleichenden globalen Geschichte. Er widmet sich insbesondere der Erforschung der historischen Dynamiken von Ungleichheit, Staatsbildung und menschlichem Wohlergehen in verschiedenen Kulturen und Epochen. Scheidels Gelehrsamkeit zeichnet sich durch ihren transdisziplinären Ansatz aus, der darauf abzielt, unterschiedliche Wissensgebiete zu verbinden.
Reden anlässlich der Verleihung des Oswald-Spengler-Preises an Walter Scheidel 13. November 2020
Ungleichheit wird immer mehr zu einem Problem – weltweit! Führende Wirtschaftswissenschaftler fordern Reformen, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sichern. Wie aber lässt sich soziale Gerechtigkeit erreichen? Der renommierte Stanford-Historiker und Altertumswissenschaftler Walter Scheidel untersucht die Ursachen für soziale Gegensätze über drei Jahrtausende und kommt zu dem eindeutigen Schluss: Eine friedliche Senkung der Ungleichheit gab es in der Geschichte bisher nicht! Einzig Kriege und Katastrophen führten zu einem sozialen Ausgleich. Walter Scheidel fordert damit natürlich nicht den Krieg als neues Mittel der Einkommenspolitik – aber er mahnt ein ernsthaftes Angehen der Probleme an und provoziert diejenigen, die hohe Erwartungen in neue Einkommens- und Bildungsprogramme nähren.
Im römischen Italien bestand unselbständige Landarbeit seit dem 2. Jh. v. Chr. neben der Plantagensklaverei vor allem in Grundpacht und Lohnarbeit. Die vorliegende Untersuchung ist der zentralen Frage gewidmet, die sich aus dem Spannungsverhältnis zwischen den oft ambivalenten antiken Nachrichten über diese beiden Einrichtungen und den Interpretationen der modernen Forschung ergibt: In Bezug auf welche Fragestellungen bieten die erhaltenen Quellen überhaupt eine Basis für historische Schlußfolgerungen? Fallweise ergänzt durch Vergleichsmaterial aus anderen Epochen, korrigiert oder relativiert diese Studie in vielen Punkten bisherige Deutungen der Überlieferung, um auf diese Weise die tatsächlichen Grundlagen modellhafter Rekonstruktionen im Detail herauszuarbeiten und kritisch zu evaluieren.