Dante Alighieri
30. Mai 1265 – 13. September 1321
Dante Alighieri (italienisch [ˈdante aliˈɡi̯ɛːri] ; * Mai oder Juni 1265 in Florenz; † 14. September 1321 in Ravenna) war ein italienischer Dichter und Philosoph. Er überwand mit der in Altitalienisch (bzw. Toskanisch) verfassten Göttlichen Komödie das bis dahin dominierende Latein und führte das Italienische zu einer Literatursprache.
Dante ist einer der bekanntesten Dichter der italienischen Literatur sowie des europäischen Mittelalters. Dantes Biografie ist in zeitgenössischen Quellen nicht umfangreich dokumentiert und lässt sich darum oftmals nur aus literarischen Aussagen oder Anspielungen in seinen Werken erschließen. Andererseits zeigt sich die Prominenz an dem beachtlichen Raum, den der Zeitgenosse Giovanni Villani ihm in seiner Nuova Cronica anlässlich des Todes einräumt. Geboren wurde Dante in Florenz. Das heute von Touristen besuchte „Haus Dantes“ (Casa di Dante) wurde zwar an der ungefähren Stelle seines tatsächlichen Geburtshauses errichtet, hat aber mit diesem baulich nichts mehr gemeinsam. Das Datum von Dantes Geburt ist nicht sicher. Nach seiner eigenen Darstellung in der Commedia war er zum fingierten Zeitpunkt seiner Jenseitsreise, der Karwoche 1300, ungefähr 35 Jahre alt und wurde im Sternzeichen der Zwillinge geboren, sodass sich ein Geburtsdatum zwischen dem 14. (18.) Mai und dem 13. (17.) Juni 1265 ergäbe. In mehreren textgeschichtlich wichtigen Handschriften der Commedia wird stattdessen 1260 als Geburtsjahr angegeben. Als gesichert gilt dagegen das Datum seiner Taufe am Karsamstag (26. März 1266), was gegen die Richtigkeit des in den Handschriften genannten Geburtsjahres 1260 spräche. Getauft wurde er nach den übereinstimmenden Aussagen von Filippo Villanis und Dantes Sohn Jacopo Alighieri auf den Namen Durante, der in der Aussprache dann zu Dante verkürzt wurde. Der in den unterschiedlichsten Schreibvarianten belegte Zuname Alighieri geht zurück auf den Vater Alighiero II. und den Großvater Alighiero I. und wurde auch von Dantes Söhnen weitergeführt. Seine Familie, deren Adel sich dem im Paradiso begegnenden Ahn Cacciaguida (* 1091), dem Ur-Urgroßvater Dantes väterlicherseits, und dessen Teilnahme am Zweiten Kreuzzug zu verdanken scheint, gehörte dem guelfisch gesinnten Stadtadel an. (Die Familie Alighieri hatte sich nach dem Namen der Gattin Cacciaguidas genannt). Dantes Vater Alighiero II. war unter anderem als Geldverleiher tätig. Er war in erster Ehe mit Dantes Mutter Bella und nach deren frühem Tod (zwischen 1270 und 1273) in zweiter Ehe mit Lapa di Chiarissimo Cialuffi verheiratet und starb 1281/1282. Seine Eltern und seine Stiefmutter hat Dante in seinem Werk mit Schweigen übergangen, ebenso wie seine Ehefrau Gemma di Manetto Donati (Mitgiftsvertrag 1270, Heirat um 1285) und die vier Kinder aus dieser Verbindung, seine nach den drei Vorzugsaposteln Christi benannten Söhne Pietro, Giovanni und Jacopo und seine Tochter Antonia. Nur durch seine Werke bezeugt ist seine Beziehung zu jener Beatrice, der er als Neunjähriger in ihrem neunten Lebensjahr erstmals begegnete, die nach weiteren neun Jahren (im Jahr 1283) eine reine und ideale Liebe in ihm erweckte und über ihren frühen Tod (1290) hinaus sein Leben bestimmte. Das kunstvolle Verschleiern (provenzalisch velar) der Identität der Geliebten gehört seit den von Dante verehrten provenzalischen Trobadors zu den gängigen Strategien mittelalterlicher Liebesdichtung und wird gerade von Dante in der Vita nova durch die Erzählung, dass er sich zur Irreführung des Publikums noch eine weitere Dame zur vorgeblichen Anbetung erwählt habe, sehr eindrucksvoll illustriert. Die Identität Beatrices, in der man seit Boccaccio oft Bice Portinari, eine Tochter des reichen Händlers und Nachbarn der Familie Dantes Folco Portinari, erkennen zu können gemeint hat, ist in der Danteforschung ebenso umstritten wie die Frage, ob Beatrice überhaupt als historische Person oder nur als literarische Fiktion Dantes existierte. Auf welche Weise und an welchen Ausbildungsstätten Dante seine ungewöhnliche Bildung und Gelehrsamkeit erwarb, ist nicht sicher bekannt. Aus seinen Gedichten und der Vita nova ergibt sich, dass er früh in literarischem Verkehr mit ihrerseits hochkultivierten volkssprachlichen Dichtern wie Guido Cavalcanti und Cino da Pistoia stand. Im Inferno präsentiert er Brunetto Latini als eine Art Lehrer, was in der späteren Forschung zu manchen Ausschmückungen geführt hat, aber einen tatsächlichen Hintergrund haben mag, indem Dante von den Werken Brunetto Latinis und von dessen allgemeinem Bemühen um eine Popularisierung lateinischer Gelehrsamkeit in den Volkssprachen wichtige Anregungen empfing. Im Convivio erwähnt Dante, dass er zeitweise “le scuole de li religiosi, e le disputazioni de li filosofanti” besucht habe, also „die Schulen der Mönche und die Disputationen der Philosophen“. Gemeint sein dürfte ein Studium generale an den Lehrstätten der Dominikaner und Franziskaner in Florenz, wo zu seiner Zeit bedeutende Lehrer wie Remigius Girolami und Petrus Johannis Olivi wirkten. Seine Kommentatoren haben überdies Studienaufenthalte an den Universitäten von Bologna und (seit Boccaccio) Paris angenommen, was als möglich anzusehen, aber nicht durch historisch belastbare Anhaltspunkte abgesichert ist. Dass Dante eine Universität besucht hat, ist jedenfalls aufgrund des Stils und der Machart seiner lateinischen Werke und auch des Convivio sehr wahrscheinlich, auch wenn man ihm besondere autodidaktische Fähigkeiten zusprechen kann. Dantes Leben war durch die seinerzeit aktuellen politischen Auseinandersetzungen gekennzeichnet. Er beteiligte sich am Kampf der guelfischen Bürgerwehr in der Schlacht von Campaldino (1289–1290), bei der die Florentiner Guelfen den in den beiden vorausgegangenen Jahren in Arezzo und in Pisa an die Macht gekommenen Ghibellinen eine schwere Niederlage zufügten, und bei der Einnahme der Festung Caprona. Seine eigentliche aktive Beteiligung an den politischen Konflikten seiner Vaterstadt ist jedoch erst einige Jahre später dokumentiert. 1295 schrieb Dante sich in der Zunft der Apotheker und Ärzte ein und schaffte dadurch eine formale Voraussetzung dafür, ein politisches Amt zu übernehmen. Vom 1. November 1295 bis zum 30. April 1296 war er Mitglied im Rat des Capitano del Popolo (in etwa „Stadthauptmann“), von Mai bis September 1296 war er Mitglied im Rat der Hundert, 1297 Mitglied in einem weiteren, diesmal nicht genau bestimmbaren Rat. Im Mai 1300 war er in diplomatischer Mission in San Gimignano, und vom 15. Juni bis 15. August 1300 amtierte er als eines von sechs Mitgliedern des Priorats, des höchsten Gremiums der Stadt. Vom 1. April bis 30. September 1301 war er wieder Mitglied im Rat der Hundert, und im Oktober/November 1301 befand er sich vermutlich als Mitglied einer Gesandtschaft zu Verhandlungen mit Papst Bonifatius VIII. in Rom. Italien war in dieser Zeit zerrissen durch gewaltsame politische Kämpfe zwischen den Parteigängern von Ghibellinen und Guelfen, wobei die Ersteren, sehr vereinfacht gesagt, die Ansprüche des Kaisers und die Letzteren die des Papstes vertraten. Die Konfliktlinien verliefen nicht nur zwischen italienischen Städten, sondern auch innerhalb der Stadtstaaten. In Florenz spalteten sich Guelfen um 1300 auf in kompromissbereite „Weiße“ (angeführt von den Cerchi), die sich für eine Autonomie der Stadt gegenüber dem Papst einsetzten, und „Schwarze“ (angeführt von den Donati), die eine kompromisslose Politik gegenüber dem Kaiser vertraten. Während der Zeit von Dantes politischen Ämtern hatten die Ereignisse in Florenz eine turbulente Entwicklung genommen, und es war in der ohnehin aus heutiger Sicht kaum noch überschaubaren Gemengelage zwischen den Parteiungen zu neuen Verschiebungen und Spaltungen gekommen. Aus Anlass eines Besuches des päpstlichen Legaten Matteo d’Acquasparta kam es im Sommer 1300 zu Unruhen, und Dante und seine Mitregenten im Priorat verbannten daraufhin, entgegen dem ausdrücklichen Willen des Legaten, nicht nur Vertreter der Weißen, darunter Dantes Freund Guido Cavalcanti, sondern auch Vertreter der Schwarzen, darunter deren Anführer Corso Donati. Florenz wurde daraufhin mit dem Kirchenbann belegt, und der Papst rief Karl von Valois als „Friedensstifter“ nach Italien, um mithilfe der Schwarzen die päpstliche Hoheit über Florenz herzustellen und die Toskana ein für alle Mal dem Kirchenstaat einzuverleiben. Am 1. November 1301 zog Karl in Florenz ein, und die mit ihm eindringenden Schwarzen nahmen Rache an ihren Gegnern in der Stadt, wobei auch Dantes Haus zerstört worden sein soll. Am 27. Januar 1302 wurde Dante in Abwesenheit zu einer Geldstrafe und zum Ausschluss von allen öffentlichen Ämtern verurteilt. Da er sich von Florenz fernhielt und die Strafe nicht bezahlte, unterlag sein in der Stadt verbliebener Besitz der Konfiskation. Im März 1302 wurde er dann gemeinsam mit 14 anderen Weißen für den Fall seiner Rückkehr in die Stadt oder für den Fall seiner anderweitigen Verhaftung zum Tod durch Verbrennen verurteilt. Seine Gattin folgte ihm nicht ins Exil, während die Söhne mit dem 13. Lebensjahr Florenz verlassen mussten. Für die Jahre des Exils fehlen externe Dokumente nahezu vollständig, andererseits ist Dantes Werk so überreich an Anspielungen auf Orte, Personen und zeitgenössische Vorgänge, dass sich der biografisch orientierten Forschung ein unerschöpfliches Feld für mehr oder minder plausible Vermutungen über den weiteren Lebensweg Dantes aufgetan hat, abgesehen davon, dass kaum eine Stadt oder Kleinstadt Italiens auf die Ehre verzichten möchte, von Dante womöglich einmal besucht worden zu sein. Wahrscheinlich ist, dass er sich ab 1302 überwiegend in Ober- und Mittelitalien aufhielt und zeitweise in Verona bei Bartolomeo della Scala (1303/1304), in Treviso bei Gerardo da Camina (1304–1306) und in der Lunigiana (einem Gebiet in Massa-Carrara im Norden der Toskana) bei den Grafen Malaspina (1306 u. ö.) Aufnahme und Unterstützung fand. Der im Januar 1309 in Aachen zum römisch-deutschen König gekrönte und von Dante als Retter Italiens und des Weltkaisertums enthusiastisch begrüßte Luxemburger Heinrich VII. begab sich im Oktober 1310 nach Italien. In mehreren oberitalienischen Städten versuchte er, die verfeindeten Parteien zu befrieden und die Rechte des römisch-deutschen Reiches wiederherzustellen. Dante selbst war dem zukünftigen Kaiser vielleicht auch persönlich begegnet, zumindest richtete er seinen 7. Brief an ihn. Heinrich wurde am 29. Juni 1312 in Rom zum Kaiser gekrönt, doch war der Konflikt zwischen ihm und dem Papsttum sowie dem König von Neapel, Robert von Anjou, bereits entbrannt. Heinrichs Ressourcen waren begrenzt, und eine Belagerung von Florenz scheiterte im Herbst desselben Jahres (Dante hatte bereits vor der Kaiserkrönung Heinrich aufgefordert, gegen Florenz vorzugehen). Nach dem Tod Heinrichs (am 24. August 1313), den er in seiner Göttlichen Komödie zum alto Arrigo stilisierte, zerschlugen sich die politischen Hoffnungen Dantes. Ein als schmählich empfundenes Angebot seiner Vaterstadt, bei Zahlung einer Geldbuße und Leistung einer öffentlichen Abbitte nach Florenz zurückkehren zu dürfen, lehnte Dante ab, woraufhin seine Verurteilung noch einmal erneuert wurde (15. Oktober 1315). In der Folgezeit scheint er sich zeitweise wieder in Verona am Hof der Scala und ab 1318 in Ravenna bei Guido Novello da Polenta aufgehalten zu haben. Während einer Mission im Auftrag Guidos in Venedig erkrankte er und starb nach seiner Rückkehr in der Nacht vom 13. auf den 14. September 1321 in Ravenna; dort liegt er bis heute begraben. Die Stadt Florenz versuchte im Laufe der Jahrhunderte mehrmals, Dante in der Stadt beizusetzen, was zu heftigem Streit zwischen Ravenna und Florenz führte. In Florenz errichtete man ihm 1829 in der Basilika Santa Croce ein monumentales Kenotaph.